Gaddafis Bluthunde aus Schwarzafrika

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Hinweise verdichten sich, dass Söldner aus Ländern wie Nigeria und dem Tschad für Gaddafi kämpfen. Sie tragen zum Zerfall des Militärs bei. Die Lynchaktionen an Söldnern eröffnen indes eine schlimme Perspektive.

Abidjan/Wien. Die Brutalität, die Teile des libyschen Militärs derzeit an den Tag legen, steht in grobem Kontrast zum moderaten Vorgehen der Armeen Tunesiens und Ägyptens, das die Revolutionen dort im Grunde erst ermöglichte. Zuletzt häuften sich Indizien, dass Gaddafi vor allem Söldner gegen sein Volk einsetzt; und diese sollen meist aus Schwarzafrika stammen.

Auch erfahrene Afrika-Berichterstatter mutmaßen nur, wie viele es sind und woher sie genau kommen; es kursieren Berichte, dass in den letzten Tagen libysche Zivilflugzeuge hunderte Freiwillige etwa aus der Zentralafrikanischen Republik, dem Niger, Tschad und Sudan einflogen. Libyens Vertreter sollen ihnen mehrere hundert oder tausend Euro pro Tag geboten haben.

Auf „YouTube“ sieht man Videos, auf denen gefangene angebliche Söldner aus Schwarzafrika um ihr Leben betteln, manche wurden vom Mob gelyncht. Auch Libyens bisheriger Botschafter in Indien bestätigt die Söldner-Rekrutierung.

Sicher ist, dass Gaddafi schon früher Schwarze und Tuareg rekrutierte, in den 70ern und 80ern warben libysche Volksbüros (Botschaften) in Staaten wie Ghana, Benin und Nigeria, ja selbst in Indien und Pakistan Soldaten, Offiziere und Piloten an. Es sollen über 15.000 gewesen sein. Sie bildeten u.a. die „Islamische Legion“ (man musste kein Moslem sein), die etwa von 1978–87 im Bürgerkrieg im Tschad mit geringem Erfolg focht und 1986 aufgerieben wurde. Als ägyptische Fallschirmjäger im Grenzkrieg mit Libyen 1977 (siehe Artikel rechts) ein Lager der Legion stürmten, ergaben sich die Legionäre sofort und arbeiteten fortan für Ägypten.

Setzt Gadhafi auf Völkerhass?

Natürlich sind Soldaten aus früheren oder aktuellen Krisengebieten in Afrika keine Mangelware, es gibt sogar innerhalb Afrikas wandernde Söldnertruppen. Und Gaddafi konnte sie fürstlich bezahlen. Zudem setzt er offenbar bewusst auf die traditionelle Feindschaft zwischen Schwarzen und Arabern, die sich rasch zu Gewalt steigern kann. Seine schwarzen Söldner müssen ahnen, was sie erwartet, wenn sie in die Hände von Demonstranten fallen – siehe die YouTube-Videos. Die schwarzen Scharfschützen etwa, die von Dächern auf Zivilisten schossen, waren darob im doppelten Wortsinn „Himmelfahrtskommandos“, weil sie Gnade weder selbst kannten noch erwarteten.

Allerdings dürften die Söldner den Abfall der Armee von Gaddafi beschleunigen: So heißt es aus informierten Kreisen, dass jene zwei libyschen Kampfpiloten, die sich samt ihren Mirage-Jets am Montag nach Malta absetzten, nicht nur flohen, weil sie die Befehle zum Angriff auf Zivilisten verweigerten; sie seien auch sauer gewesen, da selbst in Helikoptern und Jets Söldnerpiloten eingesetzt würden; Piloten für die meist französischen und russischen Modelle der libyschen Luftwaffe gibt es in Afrika genug.

Flüchtlinge in Gefahr

Die Lynchaktionen an schwarzen Söldnern eröffnen indes eine schlimme Perspektive: In Libyen sind auch zehntausende afrikanische Flüchtlinge gestrandet; man könnte sie nun für Söldner halten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2011)

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