Gaddafi-Vertrauter landet in Kairo

Libyas leader Gaddafi poses after an interview with TRT Turkish television in Tripolis leader Gaddafi poses after an interview with TRT Turkish television in Tripoli
Libyas leader Gaddafi poses after an interview with TRT Turkish television in Tripolis leader Gaddafi poses after an interview with TRT Turkish television in Tripoli(c) REUTERS (Str)
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Ein libyscher Regierungsvertreter ist nach Ägypten geflogen. Er soll eine Botschaft von Gaddafi überbringen. Die regimetreuen Truppen sind weiter auf dem Vormarsch.

Der Start dreier Flugzeuge in der libyschen Hauptstadt Tripolis hat am Mittwoch für Aufregung gesorgt. Nach Angaben des arabischen Senders Al Jazeera sind drei Privatjets von Diktator Muammar al-Gaddafi abgehoben.

Eines der Flugzeuge brachte einen Regierungsvertreter und engen Vertrauten Gaddafis nach Kairo. Mitarbeiter der libyschen Botschaft sagten, Generalmajor Abdul Rahman bin Ali al Saiid al Sawi überbringe eine Botschaft von Gaddafi.

Die anderen beiden Gaddafi-Jets sollen sich laut Al Jazeera auf dem Weg nach Athen und Wien befinden. Die Luftfahrtbehörde Austro Control erklärte allerdings, es gebe "keine Anzeichen dafür".

Gaddafi-Truppen auf dem Vormarsch

Gaddafi-treue Truppen setzen ihre Offensive gegen die Aufständischen unterdessen fort. Die Rebellen geraten zunehmend unter Druck.

Am Mittwoch standen die regimetreuen Truppen kurz vor der Rückeroberung der Stadt Al-Zawiya im Westen des Landes. Ein Kämpfer der Aufständischen berichtete, Gaddafi-Truppen kontrollierten die Hauptverkehrsstraße und die Vororte. Panzer seien in 1500 Meter Entfernung vom zentralen Platz zu sehen, der weiter von Aufständischen gehalten werde. Scharfschützen der Regierungstruppen seien auf fast allen Häusern postiert. Es werde auf jeden geschossen, der es wage sein Haus zu verlassen.

Die halbe Stadt sei durch Luftangriffe zerstört worden, sagte der Kämpfer weiter. "Es gibt viele Tote und sie können nicht einmal beerdigt werden". Al-Zawiya sei wie leer gefegt, niemand sei auf den Straßen.

In der östlichen Öl-Region um Ras Lanuf ist es am Mittwoch-Nachmittag erneut zu erbitterten Gefechten zwischen Aufständischen und den Truppen von Staatschef Muammar al-Gaddafi gekommen. Die Rebellen meldeten, in den Ortschaften Al-Sidr und Bin Jawwad seien am Mittwoch vier ihrer Kämpfer getötet worden. Ein Sanitäter sagte: "Es gibt viele Schwerverletzte."

Die Truppen von Gaddafi hätten Kampfflugzeuge und Artillerie eingesetzt. Ein Öllager sei von ihnen bombardiert worden. Das libysche Staatsfernsehen meldete dagegen, die Rebellen hätten ein Öldepot angezündet.

Diskussion um Flugverbotszone

Angesichts der Luftangriffe wird der Ruf nach einer Flugverbotszone über Libyen immer lauter. Die USA lehnen einen Alleingang ab. US-Außenministerin Hillary Clinton betonte am Dienstag (Ortszeit), die Entscheidung über eine Flugverbotszone müsse von der UNO getroffen werden "und nicht von den USA". Die Forderung komme vom libyschen Volk, daher sei es wichtig, dass dies "kein US-geführtes Bestreben" sei.

Großbritannien und Frankreich bereiten bereits eine UNO-Resolution für eine Flugverbotszone vor. Ein entsprechender Entwurf soll noch in dieser Woche im Sicherheitsrat eingebracht werden. Die Außenminister der Arabischen Liga wollen sich am Samstag in Kairo treffen, um die Frage einer Flugverbotszone zu erörtern.

Flugverbot

Die libysche Opposition fordert ein Flugverbot gegen Gaddafis Luftwaffe, damit Bombenangriffe auf "befreite" Städte aufhören. Um ein Flugverbot durchzusetzen, müsste mit massiven Angriffen die libysche Luftwaffe ausgeschaltet werden.

Als 2002 im Irak Flugverbotszonen galten, wurden amerikanische und britische Jets Hunderte Mal bei Überprüfungen beschossen. Zahlreiche irakische Flugabwehrstellungen und Raketenbasen wurden daraufhin bombardiert.

Telefonat mit griechischem Regierungschef

Gaddafi hat in einem Telefonat mit dem griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou vor einer Intervention in Libyen gewarnt. Jede Einmischung werde Konsequenzen für Sicherheit und Stabilität im Mittelmeer haben, zitierten ihn griechische Medien am Mittwoch. Papandreou sagte demnach, das Problem in Libyen müsse schnell gelöst werden, damit es nicht zu einem Bürgerkrieg und einer humanitären Katastrophe kommt. Griechenland pflegte bisher gute Beziehungen zu Libyen.

EU schickt vorerst keine Beobachter

Die Europäische Union kommt Forderungen des Gaddafi-Regimes nach Entsendung eines Untersuchungsteams vorerst nicht nach. In den Diskussionen zwischen den Mitgliedstaaten sei das derzeit kein Thema, sagte ein EU-Vertreter am Mittwoch in Brüssel. "Es besteht ein großes Risiko, dass man nicht in der Lage sein wird, den Job zu machen, den man machen möchte." Es sei in der jetzigen Situation in Tripolis sehr schwierig, unabhängig zu bleiben.

Das Regime von machthaber Muammar al-Gaddafi hatte zuvor in Gesprächen mit einem EU-Vertreter in Tripolis eine Untersuchung der Vereinten Nationen und der Europäischen Union gefordert und dafür Unterstützung zugesichert. Auch die in Libyen verbliebenen Diplomaten aus EU-Staaten sprachen sich für eine Mission aus.

EU-Vertreter in Brüssel betonten, dass der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag bereits gegen Gaddafi, seine Söhne und mehrere Sicherheitschefs ermittle. Ihnen werden schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.

Aufständische über Straf-Verfolgung uneinig

Unter den Anführern der Aufständischen zeigen sich erste Meinungsverschiedenheiten. Der Vorsitzende des Nationalrats in Benghazi, Mustafa Abdul Jalil, sagte dem Nachrichtensender Al-Arabiya, falls Gaddafi ins Exil gehe, könne von einer strafrechtlichen Verfolgung abgesehen werden. Der frühere Innenminister Abdulfattah Younis, erklärte dagegen, Gaddafi müsse unbedingt der Prozess gemacht werden.

Gaddafi soll zuvor den Rebellen seinen Rücktritt unter Garantien angeboten haben. Al Jazeera berichtete, Gaddafi habe den Aufständischen ein Treffen vorgeschlagen, um über Bedingungen seines Rückzugs zu verhandeln. Der Nationalrat der Aufständischen in Bengasi habe das Gesprächs-Angebot abgelehnt. Das libysche Regime dementierte, Verhandlungen mit den Rebellen zu führen.

Aufstand in Libyen - Überblick

Seit Mitte Februar rebellieren in Libyen Menschen gegen das Regime von Muammar al-Gaddafi. Die Demonstranten sind Beobachtern zufolge überwiegend nicht religiös motiviert, sondern lehnen sich gegen Unterdrückung und Armut auf.

Gaddafi hat die Kontrolle über weite Teile des Landes bereits verloren. Er verschanzt sich in der Hauptstadt Tripolis und lässt Luftangriffe auf von den Rebellen kontrollierte Städte fliegen. Einen Rücktritt lehnte er bislang strikt ab, zuletzt soll er aber Verhandlungen über einen "ehrenhaften" Rückzug angeboten haben.

(Ag./Red.)

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