Trotz Plagiatsaffäre und Rücktritts ist der Ex-Verteidigungsminister der beliebteste Politiker Deutschlands. Allerdings sagen auch 75 Prozent, er habe "getäuscht und betrogen". Das ergab eine aktuelle Umfrage.
Auch nach seinem Rücktritt wegen der Plagiats-Affäre bleibt der bisherige deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg der beliebteste Politiker des Landes. Das ergab der neue ARD-Deutschlandtrend. Auf Platz zwei landete Guttenbergs Amtsnachfolger Thomas de Maiziere.
Bei der in dieser Woche vorgenommenen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap gab es für Guttenberg sogar noch größere Zustimmung als im Vormonat. Allerdings sagten auch 75 Prozent der Befragten, Guttenberg habe "getäuscht und betrogen". Ebenfalls 75 Prozent meinten, dass er keine andere Wahl hatte als zurückzutreten, da er gegen Regeln und Gesetze verstoßen habe. 82 Prozent bescheinigen Guttenberg jedoch nach wie vor "ein Gespür, was Menschen von der Politik erwarten".
41 Prozent für Guttenberg als Kanzler-Kandidat
41 Prozent wünschen sich laut der Umfrage, dass Guttenberg bei der nächsten Bundestagswahl 2013 für die CDU und CSU als Kanzlerkandidat antreten soll. 44 Prozent wollen allerdings eine neue Kandidatur von CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel. Im November vergangenen Jahres hatte Guttenberg bei dieser Frage vorne gelegen.
Der CSU-Politiker hatte bei seiner juristischen Doktorarbeit zu einem großen Teil fremde Texte ohne Kennzeichnung übernommen. Die zuständige Universität Bayreuth entzog ihm deshalb den Doktortitel. Guttenberg legte schließlich am Dienstag vergangener Woche sämtliche politische Ämter nieder.
Der gebürtige Münchner Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU) war in den vergangenen zwei Jahren der Star der schwarz-gelben Regierung in Deutschland. Er wurde bereits als Nachfolger von Kanzlerin Angela Merkel gehandelt.Doch dann erleidet sein Image Beulen, als bekannt wird, dass er Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben haben soll. Die Konsequenz daraus: Er tritt zurück. (c) Reuters (Thomas Peter)
2009 sah es noch nach einer glänzenden Karriere aus: Mitten in der Wirtschaftskrise und nur ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl muss die CSU im Frühjahr 2009 als dritter und kleinster Partner in der schwarz-roten Regierung den wichtigen Posten des Wirtschaftsministers neu besetzen. Guttenberg - erst drei Monate lang Generalsekretär der CSU - bekommt die Chance. (c) AP (Joerg Sarbach)
Nach nur acht Monaten als Wirtschaftsminister wird Baron Guttenberg ein Schlüssel-Ressort von Regierungschefin Merkel anvertraut. (c) EPA (Rainer Jensen)
Ende Oktober 2009 wird Guttenberg Verteidigungsminister. Da er außenpolitisch versiert ist, kann sich der 38-Jährige schnell in seinen neuen Job einarbeiten. Er ist nun verantwortlich für fast 250.000 Soldaten, von denen rund 7000 im Auslandseinsatz in Afghanistan, im Kosovo, im Libanon oder am Horn von Afrika sind. (c) Reuters (Tobias Schwarz)
Der Verteidigungsminister ist beliebt beim Volk, muss sich aber mit mehreren Skandalen herumschlagen: (c) Reuters (Michael Kappeler)
Gleich zu Beginn seiner Amtszeit gerät er wegen der Kunduz-Affäre ins Trudeln. Nahe der afghanischen Stadt Kunduz ordneten deutsche Generäle im September 2009 einen Luftangriff auf einen Tanklastzug an - dabei starben nicht nur Aufständische, sondern auch unzählige Zivilisten. Frisch im Amt verteidigt Guttenberg den Angriff. (c) EPA (Maurizio Gambarini)
Auf dem Segelschulschiff "Gorch Fock" kommt es nach dem Tod einer Offiziersanwärterin im November 2010 zu einem schweren Zwischenfall, der mehreren Soldaten den Vorwurf der Meuterei einbringt. Als immer mehr Vorwürfe über die Situation an Bord bekannt werden, entbindet Guttenberg den Kommandant des Schiffes, Kapitän Norbert Schatz, von seinen Aufgaben. Die Opposition kritisiert, der Minister habe nur ein Bauernopfer gesucht. (c) AP (Martin Hernandez)
Am 17. Dezember 2010 wird in Nordafghanistan ein Hauptgefreiter des Gebirgsjägerbataillons 232 durch den Schuss eines Kameraden versehentlich getötet. Zunächst heißt es, der Mann sei Opfer eigener Fahrlässigkeit gewesen. Die Opposition beklagt, sie sei zu spät über den wahren Hergang des Schießunfalls unterrichtet worden. Guttenberg weist den Vorwurf der Vertuschung zurück. (c) AP (Fabrizio Bensch)
Und schließlich die Plagiats-Affäre: Mitte Februar 2011 wird bekannt, dass Guttenbergs Dissertation an mehreren Stellen abgeschrieben ist. Deutsche Medien geben dem einstigen Strahlemann deshalb kreative Namen: "Freiherr zu Google-Berg" titelt etwa die ''Financial Times Deutschland''. Auch vom "Copy-Paste-Minister" ist die Rede. (c) Reuters (Tobias Schwarz/Fabrizio Bensch)
Kurze Zeit nach dem Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe legt der Verteidigungsminister freiwillig seinen Doktortitel ab. Er gibt sich reumütig, gesteht Fehler ein und entschuldigt sich im deutschen Parlament. Im Bundestag wird er von der Opposition als "Lügner" und "Hochstapler" bezeichnet. (c) Reuters (Thomas Peter)
Seinen Rücktritt als Verteidigungsminister lehnt er vorerst jedoch ab, CDU-Kanzlerin Angelika Merkel deckt ihm den Rücken.Am 23. Februar wird ihm von der Universität Bayreuth offiziell der Doktortitel aberkannt: wegen erheblicher wissenschaftlicher Mängel. (c) EPA (Thomas Frey)
Am 1. März zieht Guttenberg schließlich doch noch politische Konsequenzen und tritt zurück. (c) Reuters (Michaela Rehle)
Guttenbergs voller Name lautet Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg. Er ist mit Stephanie Gräfin von Bismarck-Schönhausen verheiratet und hat zwei Töchter. (c) AP (Christof Stache)
Deutschlands zurückgetretener Verteidigungsminister wurde wegen seiner Doktorarbeit über 100 Mal angezeigt. Die Oberstaatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Tausende Anhänger sind für den über die Plagiats-Affäre gestolperten Minister auf die Straße gegangen. Darunter auch Guttenbergs Papa. Er sprach von einer "Menschenjagd".
Der zurückgetretene deutsche Verteidigungsminister hat angeblich ein Angebot einer amerikanischen Consultingfirma. Kanzlerin Merkel hält ihm aber auch die Tür für ein politisches Comeback offen.
Nach dem Abgang von zu Guttenberg hat Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schnell gehandelt: Thomas de Maizière wird neuer Verteidigungsminister. Hans-Peter Friedrich übernimmt das Innenministerium.