"Schlächter von Srebrenica": Mladić in Serbien gefasst

Schlaechter Srebrenica Mladi Serbien
Schlaechter Srebrenica Mladi Serbien(c) Reuters (STR)
  • Drucken

Der ehemalige General Ratko Mladić ist vom serbischen Geheimdienst festgenommen worden. Das Haager Kriegsverbrechertribunal wirft ihm Völkermord vor. Er wurde einem Sondergericht in Belgrad vorgeführt.

Jahrelang wurde er wegen des Vorwurfs des Völkermordes und anderer Kriegsverbrechen in Bosnien-Herzegowina gesucht. Jetzt hat der serbische Geheimdienst den einstigen Militärchef der bosnischen Serben, Ratko Mladić, festgenommen.

Mladic ist nach seiner Verhaftung dem Sondergericht zur Verfolgung von Kriegsverbrechern in Belgrad vorgeführt worden. Mladic befinde sich im Gerichtsgebäude, verlautete am Donnerstag aus Justizkreisen. Den Verfahrensregeln zufolge müsste er zunächst ärztlich untersucht werden. Dann sollte ein Untersuchungsrichter seine Identität feststellen und ihm die gegen ihn erhobenen Vorwürfe vortragen. Aus Gerichtskreisen verlautete, Mladic befinde sich in einem "ziemlich schlechten" körperlichen Zustand. 

Präsident Tadic bestätigte Festnahme

Der serbische Präsident Boris Tadic bestätigte die Festnahme am Donnerstag in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz: "Im Namen der Republik Serbien teile ich mit, dass Ratko Mladić verhaftet wurde". Der ehemalige General sei im Norden des Landes unter dem Namen Milorad Komadic festgenommen worden. Seine Identität sei zweifelsfrei festgestellt. Nähere Details nannte der Präsident nicht.

Der TV-Sender "B-92" meldete, die Festnahme durch den Geheimdienst sei in dem Dorf Lazarevo bei Zrenjanin erfolgt. Der Bürgermeister des Dorfes, Radmilo Stanisic, bestätigte, dass er in den Morgenstunden von der polizeilichen Durchsuchung von drei Häusern in seinem Dorf Kenntnis erhalten habe. Er habe aber nicht gewusst, um wen es sich bei dem Festgenommenen handelte.

Dorf Lazarevo
Dorf Lazarevo(c) AP

Laut "B-92" war Mladić bei seiner Festnahme "sehr kooperativ". Er habe sein Aussehen nicht verändert, sehe aber ziemlich gealtert aus. Die Polizei soll durch einen anonymen Hinweis auf seine Spur gekommen sein.

Aus Sicherheitskreisen sickerte durch, der 69-Jährige sei schwer krank. Er soll zumindest einen Schlaganfall erlitten haben, wodurch eine Hand gelähmt sei.

Auslieferung in einer Woche erwartet

(c) APA

Der Ex-General soll nun so schnell wie möglich an das UNO-Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien in Den Haag überstellt worden. Am Donnerstagnachmittag wird er von einem Untersuchungsrichter in Belgrad einvernommen, wie der Generalsekretär im serbischen Justizministerium, Slobodan Homen, erklärte. Er widersprach damit einem Bericht des staatlichen TV-Senders RTS, wonach Mladić bereits im Flugzeug nach Den Haag sitze.

Der Richter muss entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Überstellung an das UNO-Tribunal erfüllt sind. Die Regierung rechnet damit, dass das Auslieferungsverfahren eine Woche dauern wird.

Ratko Mladić

Im Bosnien-Krieg 1992 - 1995 war General Ratko Mladić Militärchef der bosnischen Serben. Als solcher wird er für das Massaker an rund 8000 Moslems 1995 in Srebrenica verantwortlich gemacht. Man nennt ihn daher auch den "Schlächter von Srebrenica".

Das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag klagte Mladić wegen Kriegsverbrechen, Völkermord, und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an. Bis 2001 hielt er sich unbehelligt in Belgrad auf. Seither war er auf der Flucht. Seine Angehörigen haben immer wieder versucht, ihn für tot erklären zu lassen.

EU: "Neuer Schwung" für Beitrittsprozess

Die Causa Mladić ist seit Jahren eines der größten Hindernisse bei der Annäherung Serbiens an die EU. EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek sagte am Donnerstag, die Festnahme sei "ein überzeugender Beweis für Serbiens Bemühungen und seiner Kooperation mit ICTY (dem Haager Kriegsverbrechertribunal, Anm.)". Die Verhaftung gebe Serbiens EU-Beitrittsprozess einen "neuen Schwung".

VP-Außenminister Michael Spindelegger sagte, der EU-Kandidatenstatus für Serbien sei nun "in greifbare Nähe" gerückt.

--> Weitere Reaktionen

Das Haager Tribunal hatte Serbien immer wieder vorgeworfen, nicht genug zu unternehmen, um Mladić und den noch flüchtigen Goran Hadzic zu fassen. Erst kürzlich hatte Chefankläger Serge Brammertz in einem Bericht festgestellt, die bisherigen Bemühungen Belgrads seien nicht ausreichend gewesen.

Tadic betonte am Donnerstag, mit der Festnahme sei erneut bestätigt worden, dass Serbien in voller Kapazität nach den flüchtigen Haager Angeklagten gefahndet habe, um diesen "schwierigen Abschnitt" in der Geschichte Serbiens abzuschließen. Die Verhaftung von Mladić öffne auch die Türen für die Versöhnung auf der ganzen Balkanhalbinsel. Serbien befreie sich von einer schweren Last.

Mladić wird von vielen nationalistisch gesinnten Serben nach wie vor als Held verehrt.

(Ag./Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.