Deutschland: Regierung verteidigt Rüstungsexporte

Deutschland: Regierung verteidigt Rüstungsexporte
Deutschland: Regierung verteidigt Rüstungsexporte"Leopard 2 A7+" von der Firma Krauss-Maffei Wegmann (KMW) (c) EPA (Clemens Niesner)
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Die angeblich geplante Panzerlieferung von Deutschland an Saudiarabien sorgt weiter für große Aufregung. Die Opposition pocht auf mehr Transparenz. Die Bundesregierung verweigert jedoch Auskünfte zu dem Deal.

Berlin. „Die Beachtung der Menschenrechte ist für jede Exportentscheidung von hervorgehobener Bedeutung[...]. So werden Rüstungsexporte grundsätzlich nicht genehmigt, wenn ,hinreichender Verdacht‘ besteht, dass das betreffende Rüstungsgut zur internen Repression oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht wird.“ Dies ist in den „Politischen Grundsätzen“ im Rüstungsexportbericht der deutschen Regierung festgeschrieben. Rüstungsexporte unterliegen strengen Bestimmungen, deren Auslegung jedoch dehnbar ist.

Dass die schwarz-gelbe Koalition nun angeblich dem Verkauf von 200 modernen Leopard-2-Panzern an Saudiarabien zugestimmt hat – wofür es bisher keine offizielle Bestätigung gibt –, sorgt in Deutschland für große Aufregung. Während die Regierung die Praxis bei Rüstungsexporten verteidigt und die Beratungen im Bundessicherheitsrat weiterhin geheim halten will, pocht die Opposition auf mehr Transparenz.

Mit ihrem Versuch, den konkreten Deal mit Saudiarabien zu stoppen, sind SPD, Grüne und Linke am vergangenen Freitag gescheitert. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele will die Regierung nun mit einer Verfassungsklage dazu bringen, Details offenzulegen. Kritiker der Panzerlieferung argumentieren, dass das autoritär regierte Königreich Demokratie und Menschenrechte missachte und geholfen habe, die Proteste in Bahrain niederzuschlagen.

„Der Zeitpunkt ist von der Symbolik her äußerst kritisch“, meint auch Christian Mölling, Rüstungsexperte an der „Stiftung Wissenschaft und Politik“ in Berlin, „wenn es stimmt, dass die Entscheidung wenige Wochen alt ist, ist es ein Signal an die Länder rund ums Mittelmeer, dass Deutschland weiterhin bereit ist, trotz Umbrüchen ein autoritäres Regime zu unterstützen.“

Saudiarabien vertrauenswürdig?

Neben dem „enormen psychologischen Effekt“ eines solchen Geräts sei „ausgerechnet dieser Panzertyp mit seinem Räumschild und Waffen, die sehr steil in die Höhe schießen können, für neuartige Aufgaben wie den Kampf im bewohnten Gebiet geeignet“. Es stelle sich die Frage, wie weit Berlin Saudiarabien mit Blick auf den Einsatzzweck dieser Panzer vertraue.

Was die Koalition bewogen hat, dem Panzer-Deal zuzustimmen, den sie die letzten Male abgelehnt hat, bleibt vorläufig unbeantwortet. „Der politische Spielraum ist sehr groß“, so Mölling, umso wichtiger wäre es, dass „die Regierung die Bevölkerung informiert, was sie entschieden hat und warum“. Da es jedoch im sicherheitspolitischen Bereich keine Debatte in Deutschland gebe, fehle den Bürgern das Vertrauen. Laut einer Emnid-Umfrage, die im Auftrag von N24 durchgeführt wurde, sind 94 Prozent der Befragten gegen Waffenlieferungen an Staaten, die diese auch gegen die eigene Bevölkerung einsetzen könnten.

„Im Interesse der Sicherheit“

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) verteidigte das Geschäft und verwies auf die stabilisierende Rolle Saudiarabiens in der Region. Die Regierung müsse im Interesse von Frieden und Sicherheit im Nahen Osten auch mit Partnern zusammenarbeiten, „die nicht unseren demokratischen Maßstäben entsprechen“. Trotz Drucks der Opposition sollen die Entscheidungen des Bundessicherheitsrats weiterhin geheim bleiben. Ihm gehören unter dem Vorsitz der Kanzlerin die Minister des Auswärtigen, der Finanzen, des Innern, der Justiz, der Verteidigung, der Wirtschaft und der Entwicklung an. Dass offenbar Entscheidungen an die Öffentlichkeit gelangt seien, könnte laut FDP-Fraktionschef Brüderle „strafrechtliche Relevanz“ haben.

Auf einen Blick

Die deutsche Bundesregierung hat bisher unbestätigten Berichten zufolge die Lieferung von 200 hochmodernen Panzern des Typs Leopard an Saudiarabien genehmigt.

Dies bedeutet eine Änderung der bisherigen Politik, keine schweren Waffen in das autoritär geführte Königreich zu exportieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12. Juli 2011)

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