Libyen: „Gaddafi will Tripolis zerstören“

(c) AP (Ben Curtis)
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Russischer Gesandter berichtet von Plänen, verbrannte Erde zu hinterlassen, sollten die Aufständischen die Hauptstadt erobern. Im Falle eines Rückzugs hat Gaddafi zudem vor die Raffinerien zu zerstören.

Moskau/Tripolis/Est. Libyens Regime scheint eine neue Taktik zu verfolgen: Nachdem man tagelang Drohungen gegen den Westen lanciert hatte, werden nun Schauergeschichten über Pläne verbreitet, „verbrannte Erde“ zu hinterlassen:

Sollten die Aufständischen in die libysche Hauptstadt Tripolis einmarschieren, so werde Machthaber Muammar al-Gaddafi die Stadt zerstören lassen. Dies soll Regierungschef Bagdadi al-Mahmudi ihm mitgeteilt haben, sagte Michail Margelow, der russische Sondervertreter und Verbindungsmann in Libyen, in einem Interview mit der russischen Tageszeitung „Iswestija“: „Der libysche Regierungschef hat mir gesagt: Wenn die Rebellen die Stadt erobern, werden wir Tripolis mit Raketen überziehen und in die Luft jagen.“ Margelow hält einen solchen „Selbstmordplan“ eigenen Worten zufolge für möglich.

Der kanadische General Charles Bouchard, Leiter der Nato-Operationen in Libyen, konnte dies zwar nicht bestätigen, berichtete aber von der Absicht Gaddafis, im Falle eines Rückzugs die Raffinerien des Landes zu zerstören.

Als „zweifelhaft“ stufte Margelow Angaben der US-Aufklärung ein, wonach den Regierungskräften die Munition ausgehe: „Gaddafi hat bisher keine einzige Boden-Boden-Rakete eingesetzt, von denen er mehr als genug hat.“ Wenn es an etwas mangeln könnte, dann an Panzermunition und Patronen für Schusswaffen. Offensichtlich sei der akute Mangel an Treibstoff. Von der Staatsgrenze bis zur Hauptstadt seien überall kilometerlange Warteschlangen um Benzin zu sehen. Überfälle auf Vorbeifahrende seien an der Tagesordnung.

Margelow hat sich zwar noch nicht mit Gaddafi selbst, aber mit Mahmudi in Tripolis getroffen. Zuvor war er mit Rebellenvertretern zusammengekommen. Für Verhandlungen über eine Lösung der Krise in Libyen sei Gaddafi nicht unbedingt vonnöten, sagte Margelow: Die „Hebel der Macht“ seien bei der „pragmatischen Fraktion innerhalb des Establishments“, sprich beim Regierungschef und anderen Mitglieder der Regierung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.07.2011)

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