Dänemark: Premier Rasmussen ruft Neuwahlen aus

(c) EPA (Keld Navntoft)
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Die rechtsliberal-konservative Regierung von Premier Rasmussen ruft vorzeitig zur Wahl. Der Sozialstaat ist in seiner bisherigen Form kaum noch zu finanzieren. Rasmussen will Wähler mit einem Sparpaket gewinnen.

Kopenhagen. Es gibt bessere Zeitpunkte für vorgezogene Wahlen: Erst am Mittwoch hatte der dänische Finanzminister Claus Hjort Frederiksen den Haushalt für 2012 präsentiert – mit einem Milliardenloch und einer Neuverschuldung, die mit 4,6 Prozent des BIPs weit über den Stabilitätskriterien der EU liegt. Auch andere Indikatoren sprechen nicht gerade für die rechtsliberal-konservative Regierung von Premier Lars Løkke Rasmussen. Die Arbeitslosigkeit ist in den vergangenen Jahren von quasi null auf mehr als fünf Prozent gestiegen, das Wirtschaftswachstum 2011 musste auf magere 1,3 Prozent nach unten korrigiert werden.

Obwohl daher die Umfragewerte recht stabil die Opposition aus Sozialdemokraten und Volkssozialisten vorn sehen, rief Rasmussen seine Landsleute am Freitag dennoch vorzeitig zur Wahl. Dies hat wohl zwei Gründe: Erstens hätten die Dänen sowieso spätestens im November ein neues Parlament wählen müssen. Dann aber wären die Abgeordneten, wie von der Verfassung vorgeschrieben, am ersten Dienstag im Oktober zusammengetreten, nur um gleich wieder von dannen zu ziehen – was den Premier wohl als Reformzauderer hätte dastehen lassen.

Rasmussen sieht Chance in Krise

Zweitens sieht Rasmussen gerade in der Krise seine große Chance. Denn im Unterschied zur Opposition, die mit Ausgaben in Milliardenhöhe die Konjunktur stimulieren möchte, präsentiert sich der Regierungschef als konsequenter Haushaltssanierer nach dem Motto: Wenn wir nicht an der Macht wären, wäre alles noch viel schlimmer. Und er verweist gern auf die Tatsache, dass Dänemark von den internationalen Ratingagenturen noch immer mit dem begehrten Triple-A versehen wird.

Im Unterschied zu den Wahlen 2001, 2005 und 2007 stehen die Dänen nun vor einem Wahlkampf, der sich hauptsächlich um ökonomische Fragen sowie die Zukunft des Sozialstaates in einer globalisierten Welt drehen dürfte. Gewiss wird auch die rechtspopulistische Dänische Volkspartei versuchen, ihre Themen wie Zuwanderung, Integration und nicht zuletzt die schärfere Kontrolle der dänischen Grenzen auf die Tagesordnung zu setzen. Auch sie aber wird sich mit Fragen konfrontiert sehen, welche Ausgaben sich der dänische Sozialstaat auf Dauer noch leisten kann und welche nicht.

Zumindest da haben die Dänen trotz eines nur knapp dreiwöchigen Wahlkampfes eine selten eindeutige Wahl zwischen dem regierenden bürgerlichen und dem oppositionellen Lager: Entweder das Land schnallt den Gürtel in der kommenden Legislaturperiode enger. Oder es muss an deren Ende noch mehr Schulden schultern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2011)

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