Gaddafi unterstützte mit Ölgeldern Machthaber auf dem ganzen Kontinent und ließ etwa in Ugandas Hauptstadt eine gewaltige Moschee erbauen. Er träumte von den Vereinigten Staaten von Afrika.
Wien/Tripolis/Red. Er träumte von den Vereinigten Staaten von Afrika mit gemeinsamer Währung, Regierung und Armee. Sie sollten auch Bollwerk gegen Amerikaner und Europäer sein, um der Ausbeutung des Kontinents Einhalt zu gebieten. Und die tragende Rolle in diesem Konstrukt schrieb Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi natürlich sich selbst zu. Von Vertretern verschiedenster Clans ließ er sich 2008 in Bengasi als Afrikas „König der Könige“ feiern.
Und Gaddafi gerierte sich auch immer wieder wie ein – wohlwollender – Monarch. Mit Erlösen aus Libyens Ölindustrie finanzierte er Projekte in mehreren afrikanischen Ländern, ließ etwa in Ugandas Hauptstadt Kampala eine gewaltige Moschee erbauen. Doch Libyen investierte auf dem Kontinent auch in Banken, Fremdenverkehr und den Bau von Pipelines.
Zudem griff Gaddafi afrikanischen Staatschefs unter die Arme, meist solchen, die im Westen nicht gut angeschrieben waren wie etwa Simbabwes Präsidenten Robert Mugabe. Das führte zuletzt zu Spekulationen, Gaddafi könnte sich nach Simbabwe absetzen.
Neben Burkina Faso wurde auch der Tschad immer wieder als möglicher Fluchtort des gestürzten libyschen Diktators genannt, denn Gaddafi pflegte gute Beziehungen zu Tschads Machthaber Idriss Déby. Zugleich ist Déby aber Verbündeter der Franzosen, die im Tschad Militärstützpunkte unterhalten. Auch von Gaddafi hatte Déby einst militärische Hilfe erhalten, so wie eine Reihe von Milizen in ganz Afrika. Libyens Diktator unterstützte auch Autonomiebestrebungen der Tuareg-Stämme in seinen Nachbarländern. Daraus speisen sich Vermutungen, Mitglieder des Regimes könnten bei den Tuareg Unterschlupf finden.
In Gaddafis Libyen hatten tausende afrikanische Gastarbeiter Jobs gefunden. Zugleich machten sich von Libyens Küste unzählige illegale Migranten Richtung Europa auf. Und der „König der Könige“ benutzte ihr Schicksal, um auf die Europäer Druck auszuüben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2011)