Italien: Parteiaufstand setzt Berlusconi unter Druck

Der italienische Premier Silvio Berlusconi gerät zunehmend unter Druck
Der italienische Premier Silvio Berlusconi gerät zunehmend unter Druck(c) Dapd (Alessandra Tarantino)
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Zum ersten Mal gerät Berlusconi in seiner eigenen Partei ernsthaft unter Beschuss. In Mailand und Rom forderten Zehntausende seinen Rücktritt. Nur seine engsten Vertrauensleute stehen zu dem Premier.

Eine neue Herabstufung Italiens durch die Ratingagentur Fitch, Bürgerproteste und "Rebellen" in seiner eigenen Partei: Der italienische Premier Silvio Berlusconi gerät zunehmend unter Druck. Während der gebeutelte Medienzar unweit von Sankt Petersburg den 59. Geburtstag seines russischen Amtskollegen und Freundes Wladimir Putin feierte, demonstrierten am Samstag zehntausende Menschen in Rom und Mailand für das Ende seiner Regierung. Zugleich wächst in Berlusconis Mitte-rechts-Partei "Volk der Freiheit" (PdL - Popolo della libertá) eine Rebellenfront, die offen den Rücktritt des Premiers fordert.

Zum ersten Mal gerät Berlusconi in seiner eigenen Partei ernsthaft unter Beschuss. Eine Gruppe von Parlamentariern seiner Mitte-Rechts-Partei "Volk der Freiheit" (PdL - Popolo della libertá) um den Ex-Industrieminister Claudio Scajola droht ihm mit einem Misstrauensantrag im Parlament, sollte er nicht freiwillig zurücktreten. Einzig Angelino Alfano, der Chef der PdL, gibt dem Premier Rückendeckung: "Man kann Berlusconi nicht zur Seite schieben, das wäre zutiefst unfair." Zugleich warnte er vor einer Spaltung der Partei.

Treffen der "Rebellen" am Dienstag

Am Dienstag ist in Rom ein Treffen der "Rebellen" geplant. Ihr Ziel ist, die Unterstützung von mindestens 20 Abgeordneten der Regierungskoalition zu sammeln. Damit könnte die Mehrheit Berlusconis in der Abgeordnetenkammer wackeln. Die Parlamentarier drängen auf die Bildung einer neuen Mitte-Rechts-Regierung mit der Unterstützung der Partei "Zukunft und Freiheit in Italien" (FLI) um den Präsidenten der Abgeordnetenkammer Gianfranco Fini und mit einem neuen Premier. Als Alternative komme eine Allparteienregierung in Frage, die in dieser Krisephase die Pläne zur Sanierung des Budgets umsetzen könne. Berlusconis Rücktritt sei ihrer Ansicht nach die einzige Lösung.

"Die internationalen Ratingagenturen haben zum dritten Mal binnen weniger Tage Italiens Kreditwürdigkeit herabgestuft. Es ist Zeit, dass Berlusconi endlich zurücktritt", kommentierte der Parlamentarier der oppositionellen Demokratischen Partei (PD, Italiens stärkste Oppositionspartei), Cesare Damiano.

"Finanzmärkte lehnen Bunga-Bunga ab"

Zehntausende Menschen demonstrierten am Samstag in Rom und Mailand gegen die Regierung. In der italienischen Hauptstadt gingen die Staatsbeamten auf die Straße, um gegen die Sparpläne des Kabinetts zu protestieren. Zum Protest rief der größte Gewerkschaftsverband CGIL auf. In Rom schlossen sich dem Protest auch Lehrer, Schüler und Studenten an. Sie schwenkten dabei Plakate mit ironischen Bemerkungen gegen Berlusconi. "Die internationalen Finanzmärkte lehnen Bunga-Bunga ab", hieß es.

Italiens Gewerkschaften warnten vor einem massiven Stellenabbau im Staatsdienst. Infolge des im September verabschiedeten Sparpakets mit Ausgabenkürzungen in der Höhe von 54 Milliarden Euro sollen tausende Stellen gestrichen werden. Personal, das in Pension geht, darf nicht mehr nachbesetzt werden. Mitarbeiter mit befristeten Arbeitsverträgen werden nicht mehr weiterbeschäftigt. Zwischen 2008 und 2013 werde der Staat insgesamt 300.000 Stellen gestrichen haben, warnte der CGIL-Verband.

In Mailand beteiligten sich am Samstag tausende Menschen an einer Demonstration gegen Berlusconi. Aus ganz Italien strömten Demonstranten zur Kundgebung, die von der Oppositionsbewegung "Freiheit und Gerechtigkeit" organisiert wurde. An der Veranstaltung im Stadtzentrum nahmen unter anderen der Mailänder Bürgermeister Giuliano Pisapia, Intellektuelle, Künstler und Schriftsteller - wie der Star-Autor Roberto Saviano und der Historiker Paul Ginsborg - teil. "Berlusconi, tritt zurück!", lautete die Losung der Demonstranten. Am Freitag war es bereits zu einem achtstündigen Lehrerstreik gegen die Einsparungen der Regierung gekommen.

(APA)

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