In einem Hotel in der Heimatstadt Gaddafis wurden über 50 verweste Leichen entdeckt. Human Rights Watch glaubt an Massen-Hinrichtungen.
In der Heimatstadt des getöteten libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi hat es offenbar Massenhinrichtungen durch Kämpfer der neuen Führung des Landes gegeben. Wie die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) am Montag mitteilte, wurden am Sonntag in einem leerstehenden Hotel der Küstenstadt Sirte 53 bereits verwesende Leichen gefunden. Einige der Toten auf dem Rasen im Garten des Hotels hatten demnach die Hände hinter dem Rücken gefesselt.
Das Gebiet um das Hotel El Mahari sei seit Anfang Oktober von Anti-Gaddafi-Kämpfern aus der Stadt Misrata kontrolliert worden, hieß es unter Berufung auf Augenzeugen. Der Zustand der Opfer lasse darauf schließen, dass sie zwischen dem 14. und 19. Oktober getötet worden seien, sagte der HRW-Experte Peter Bouckaert nach entsprechenden Untersuchungen. Die in New York ansässige Organisation forderte den Nationalen Übergangsrat auf, umgehend Ermittlungen einzuleiten und die Verantwortlichen für das Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen.
Ein AFP-Journalist hatte am Sonntag auf dem Hotelrasen mehr als 60 Leichen gesehen, einige davon gefesselt, viele mit Schusswunden im Kopf. Für den Nationalen Übergangsrat tätige Kämpfer erklärten, das Hotel habe den Gaddafi-Männern als Gefängnis für ihre Leute gedient.
Die Kämpfer stritten ab, für den Tod der Männer verantwortlich zu sein. Sie hätten erst am Donnerstag die Leichen entdeckt und seien überzeugt, dass die Gaddafi-Truppen selbst vor ihrer Flucht die Gefangenen getötet hätten.
Übergangsregierung verhandelt
Die neue Führung Libyens hat unterdessen mit Gesprächen über eine Übergangsregierung begonnen. Präsident Mustafa Abdel Jalil kündigte eine Regierungsbildung innerhalb eines Monats an. Auf internationalen Druck hin lässt Libyen eine Kommission die Todesumstände des früheren libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafis klären.
(Ag.)