Griechenland: Koalitionsregierung ohne Papandreou

Griechischer Poker Titanic
Griechischer Poker Titanic(c) EPA (STR)
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Am Sonntag einigten sich die griechischen Parteien auf eine Übergangsregierung. Premier Papandreou übergibt die Führung, sein Nachfolger steht noch nicht fest.

[Athen/Ag] Es war ein dramatischer Verhandlungstag, der am Sonntag ganz Griechenland im Bann hielt. Und spät am Sonntagabend erzielten Ministerpräsident Georgios Papandreou und Oppositionsführer Antonis Samaras schließlich eine Einigung: Eine Übergangsregierung der nationalen Einheit wird die Führung des bankrotten Mittelmeerlandes übernehmen, und Ministerpräsident Papandreou wird dieser Regierung nicht mehr angehören.

Am Sonntagabend hatte Staatspräsident Karolos Papoulias Papandreou und Samaras zu Gesprächen in sein Büro zitiert, um die politische Patt-Situation im Land aufzulösen. Beim einstündigen Treffen verständigten sich die Politiker auf eine Grundsatzeinigung. Der Verhandlungsmarathon ist damit aber nicht zu Ende. Denn noch steht nicht fest, wer Papandreous Nachfolger werden soll. Präsident Papoulias hat für heute, Montag, weitere Gespräche anberaumt. Nach Spekulationen griechischer Medien soll der ehemalige Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Lucas Papademos, neuer Ministerpräsident werden. Offiziell wurde dies nicht bestätigt.

Vorbereitung der Neuwahlen

Hauptaufgabe der Übergangsregierung wird die Umsetzung der EU-Beschlüsse vom 26. Oktober sein, also die von der EU verordneten Spar- und Hilfsmaßnahmen, um den Weg für die Auszahlung der nächsten Tranche an Hilfsgeldern zu ebnen. Anschließend soll die Regierung Neuwahlen vorbereiten.

Noch am Sonntagnachmittag hatte Papandreou darauf beharrt, erst nach Bildung einer Regierung der nationalen Einheit seinen Posten zu räumen, um ein Machtvakuum mitten in der Krise zu vermeiden. Er machte auch klar, kein Interesse an der Führung einer neuen Koalitionsregierung zu haben. „Ich bin nicht daran interessiert, Ministerpräsident der neuen Regierung zu werden", erklärte er.

Präsident als Vermittler

Oppositionschef Samaras hatte zwar seine grundsätzliche Bereitschaft zur Mithilfe bei der Lösung der Probleme Griechenlands bekundete. Seine Bedingungen: Papandreou müsse zurücktreten, bevor Koalitionsverhandlungen überhaupt beginnen können. Am Nachmittag hatte Papandreou bei einer Krisensitzung seines Kabinetts dann die Gesprächseinladung an Samaras bekannt gegeben. Staatspräsident Papoulias kam in dieser Situation die Rolle des Vermittlers zwischen Samaras' Konservativen und Papandreous Sozialisten zu. Hinter den Kulissen wurde das ganze Wochenende verhandelt, berichteten griechische Medien übereinstimmend.

Euro statt Drachme

Papandreous Vorschlag vom vergangenen Montag, das Volk in einem Referendum über das internationale Rettungspaket entscheiden zu lassen, hat die Opposition abgelehnt. Nach massivem Druck der EU-Partner blies Papandreou das Referendum daraufhin ab.
Die griechische Bevölkerung will jedenfalls den Euro als ihre Währung beibehalten. Das zeigten am Sonntag durchgeführte Umfragen. Laut der Wochenzeitung „Protothema" möchten 78 Prozent der Griechen weiterhin die europäische Gemeinschaftswährung haben; elf Prozent sprachen sich für die Rückkehr zur Drachme aus. In einer Umfrage für die Zeitung „Ethnos" lag der Zuspruch für die europäische Gemeinschaftswährung bei 81 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2011)

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