Der reichste Politiker Italiens ist zwar nicht mehr an der Spitze der Regierung, doch sein Einfluss auf das Land bleibt: Zu mächtig ist das Medienimperium, das sich der „Cavaliere“ aufgebaut hat.
Wien. Wenn ein Nachrichtensprecher zeitgleich mit dem Premierminister seinen Rücktritt ankündigt, wird der Einfluss der Politik auf Italiens Medien deutlich: Emilio Fede, Direktor und Sprecher der Nachrichtensendung auf dem TV-Kanal Rete Quattro, will ohne den „Cavaliere“ nicht mehr weiterarbeiten. Das sagte er in einem Radiointerview. Italien wäre ohne Berlusconi ein anderes Land. Ein Land, in dem er nicht mehr als Nachrichtensprecher arbeiten wollen würde.
Rete Quattro ist einer der drei Privatsender des Unternehmens Mediaset, das im Besitz des italienischen Expremierministers ist. Dort arbeiten bekennende Berlusconi-Anhänger wie der Journalist Fede. Das spiegelt sich auch in der Berichterstattung wider: Jede Menge nackte Haut ist erlaubt, Kritik an der Regierung nicht. Die Privatkanäle konkurrieren mit den öffentlich-rechtlichen Sendern um die Gunst der italienischen Zuschauer.
Das Problem: Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist nicht völlig frei von politischer Einflussnahme. Er ist einem starken Parteienproporz unterworfen. Die Ernennung der Chefredaktion von Nachrichtensendern wird direkt zwischen den Parteizentralen ausgehandelt. Berlusconi konnte so als Unternehmer und Ministerpräsident beinahe den gesamten Fernsehmarkt kontrollieren – und damit auch die Nachrichten, die Italiens Haushalte erreichten.
Medienbesitz auch in Spanien
Medienmogul Berlusconi hat nicht nur in Italien seine Hände im Spiel: In Spanien gehört ihm ein Teil des größten Privatsenders Telecinco. Im Jahr 2006 interessierte sich der Expremier auch für den Kauf der deutschen Mediengruppe ProSiebenSat.1. Sein Medienimperium ist allerdings nicht auf den Fernsehmarkt beschränkt: Zwei Tageszeitungen und ein Wochenmagazin gehören der Familie Berlusconi. Auch Mondadori, der größte Buch- und Zeitschriftenverlag, ist in seinem Besitz.
Anklage wegen Bestechung
Allerdings fehlen auch die für den „Cavaliere“ typischen Skandale und Gerichtsverfahren nicht: Im Juli diesen Jahres wurde Berlusconis Dachgesellschaft Fininvest zur Zahlung von rund 540 Millionen Euro Schadenersatz an den Erzrivalen Carlo De Benedetti verurteilt: Berlusconi hatte vor Jahren den Konkurrenzkampf um den Verlag gewonnen. Laut einem Strafurteil von 2007 hatte er damals jedoch einen Richter bestochen, um sein Ziel zu erreichen.
Lange vor seiner politischen Karriere war Berlusconi schon als Unternehmer tätig: Die Anteile seiner Finanzholding Fininvest teilte er sich mit den Kindern Marina und Piersilvio. Mit den in den 1980er-Jahren gegründeten Fernsehsendern machte er schließlich seine erste Partei „Forza Italia“ publik.
Italien gleich Burkina Faso
Der politische Einfluss auf Italiens Medien zeigt sich deutlich: Die Menschenrechtsorganisation „Reporter Ohne Grenzen“ platzierte Italien in ihrer weltweit geführten Rangliste der Pressefreiheit auf Rang 49, zusammen mit Burkina Faso. Zum Vergleich: Österreich liegt auf Rang sieben. Neben der organisierten Kriminalität wurde die Medienkonzentration unter dem Langzeitpremier für das schlechte Abschneiden des Landes verantwortlich gemacht. Doch nicht nur mit den Medien verdient Berlusconi sein Geld – dem reichsten Parlamentarier Italiens (sein Vermögen wurde Anfang 2011 auf 5,6 Milliarden Euro geschätzt) gehören unter anderem die italienische Version der „Gelben Seiten“, die Werbefirma Publitalia und der Fußballclub AC Milan.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2011)