Grüne vor Debakel bei Stuttgart 21

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Symbolbild(c) REUTERS (RALPH ORLOWSKI)
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Das Referendum am kommenden Sonntag in Baden-Württemberg dürfte zu einem Weiterbau des umstrittenen Bahnprojekts "Stuttgart 21" führen. Laut einer Umfrage sind 55 Prozent der Büger für den Bau des Bahnhofs.

Wien/Stuttgart/hd/ag. „Die Messe ist noch nicht gelesen.“ Dass Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann vor der Volksabstimmung über das umstrittene Bahnprojekt „Stuttgart 21“ im Interview mit der „Zeit“ ausgerechnet einen religiösen Vergleich bemüht, ist wohl kein Zufall – wenn der praktizierende Katholik und „Stuttgart 21“-Gegner die Ausgangssituation ansieht, kann er er leicht zum Schluss kommen, dass ihm nur noch Beten hilft.
Laut einer aktuellen Umfrage sind 55 Prozent im „Ländle“ für den Weiterbau des unterirdischen Bahnhofs. 17 Prozent der Bürger wissen aber nicht, dass sie wegen der komplizierten Fragestellung mit „Nein“ stimmen müssen, wenn sie dafür sind und mit „Ja“, wenn sie den Bau verhindern wollen. Selbst wenn am Sonntag eine Mehrheit für den Ausstieg des Bundeslandes aus dem Projekt stimmen sollte, weil die Gegner stärker mobilisieren konnten als die Befürworter: ein Aus für Stuttgart 21 bedeutet das nur, wenn diese Mehrheit mindestens einem Drittel der Wahlberechtigten entspricht, also etwa 2,5 Millionen Menschen.
Bei der Landtagswahl im März konnten die Grünen nicht einmal halb so viele Wähler für sich begeistern, und sie sind die einzige relevante Partei, die gegen Stuttgart 21 auftritt. CDU und FDP, aber auch Koalitionspartner SPD sind dafür. Kretschmann, der sich als Landesvater ohnehin stärker zurückhalten muss und sein Verkehrsminister Winfried Hermann – ein erbitterter „Stuttgart 21“-Gegner – könnten also bald in die prekäre Lage kommen, das ungeliebte Projekt gegen den Willen quasi ihrer kompletten Wählerschaft durchsetzen zu müssen.

Altes Projekt, junge Proteste

Mit den Planungen für das 4,5 Milliarden Euro teure Projekt war schon vor zwei Jahrzehnten begonnen worden. Größerer Protest regte sich allerdings erst heuer, als ein Teil des alten Stuttgarter Bahnhofs abgerissen wurde und Bäume im Schlossgarten abgeholzt wurden. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei, die nicht zuletzt wegen deren hartem Eingreifen zahlreiche Verletzte forderten. Das unglückliche Verhalten des damals regierenden Ministerpräsidenten Stefan Mappus trug maßgeblich dazu bei, dass die CDU erstmals seit 58 Jahren die Macht im „Ländle“ einbüßte.

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