Syrien: Arabische Liga gab Assad noch eine Schonfrist

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Symbolbild(c) AP (Muzaffar Salman)
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Der syrische Machthaber Bashar al-Assad ließ bereits das zweite Ultimatum über die Entsendung von 500 Beobachtern in das Land verstreichen. Am Wochenende könnte die Liga Sanktionen gegen Damaskus verhängen.

Kairo/Ag. Nach dem Ablauf eines Ultimatums muss man entweder handeln – oder man stellt einfach ein neues Ultimatum. Für letzteren Weg entschied sich am Freitag die Arabische Liga in ihrer Auseinandersetzung mit Damaskus: Die Organisation hatte Syriens Präsidenten Bashar al-Assad bis Freitagmittag Zeit gegeben, eine Vereinbarung über die Entsendung von 500 Beobachtern nach Syrien zu unterschreiben, wo das Regime seit acht Monaten Proteste brutal unterdrückt. Dabei wurden laut UN-Angaben bereits mehr als 3500 Menschen getötet.

Assad unterschrieb nicht, und die Liga gewährte ihm in der Folge eine neue, allerdings sehr knapp gehaltene Frist bis Mitternacht: „Die Deadline ist verstrichen, aber die Arabische Liga lässt für Syrien die Tür offen, um noch bis zum Ende des Tages zu antworten“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters eine Quelle aus dem Umfeld der 22-Staaten-Organisation.

Lenkt die Regierung in Damaskus nicht ein, so wäre die Liga wohl gezwungen – möglicherweise schon auf einem Sondertreffen am Wochenende – Sanktionen zu verhängen, will sie nicht ihr Gesicht verlieren. Als mögliche Strafmaßnahmen wurden unter anderem ein Stopp der Flüge nach Syrien, eine Einstellung der Zusammenarbeit mit der Zentralbank in Damaskus, das Einfrieren syrischer Bankkonten oder die Unterbindung von Finanzgeschäften diskutiert. Syrien darf an den Beratungen nicht teilnehmen, es ist suspendiert.

Keine Eile mit Strafmaßnahmen

Im Gegensatz zum Fall Libyen hat es die Liga bei Syrien nicht so eilig mit Sanktionen, die Stimmung innerhalb der Organisation ist nicht so eindeutig wie damals gegenüber dem ungeliebten Mitglied Muammar al-Gaddafi, der von einem Großteil der arabische Staaten als unberechenbarer Unruhestifter wahrgenommen wurde. Dem Vernehmen nach stehen Algerien und der Oman bei der Verhängung von Strafmaßnahmen eher auf der Bremse. Offen unterstützt wird Syrien allerdings nur noch vom benachbarten Libanon, wo eine Assad-freundliche Regierung an der Macht ist, in der die Schiiten-Miliz Hisbollah eine wichtige Rolle spielt. Nach Prügeleien unter Abgeordneten hat der schiitische Parlamentspräsident Nabih Berri vor einer Woche kurzerhand alle weiteren Debatten über das Thema Syrien verboten.

Assad war bisher nur auf dem Papier zu Konzessionen bereit. Anfang November hat er sich zwar gegenüber der Liga bereit erklärt, die Truppen aus den Städten zurückzuziehen, politische Gefangene freizulassen und einen Dialog mit der Opposition zuzulassen, er ließ seine Sicherheitskräfte aber mit unverminderter Härte gegen die Demonstranten vorgehen.

Vergangenen Freitag schließlich stimmte er unter dem Eindruck eines ersten Ultimatums einer Beobachtermission prinzipiell zu, forderte aber gleichzeitig zahlreiche für die Liga nicht akzeptable Änderungen.

Zehn Tote bei Angriff auf Armee

Unterdessen haben militante Regimegegner offenbar bei einem Anschlag zehn Soldaten getötet, darunter sechs Piloten, wie das Militär meldete: Eine bewaffnete Terrorgruppe habe einen Luftwaffenstützpunkt zwischen den Städten Homs und Palmira angegriffen, sagte ein Armeesprecher im Staats-TV. „Dies beweist die Beteiligung ausländischer Elemente.“

Syrien versucht seit Monaten, ausländische „Mächte“ für die Situation im Land verantwortlich zu machen. Viele Freunde hat Damaskus international tatsächlich nicht mehr, Russland hält Assad jedoch nach wie vor die Stange: „Derzeit brauchen wir keine Resolutionen, keine Sanktionen, keinen Druck, sondern einen internen Dialog in Syrien,“ hieß es aus dem Moskauer Außenministerium.

Auf einen Blick

Die arabische Liga versucht seit Wochen, Syrien zur Zulassung einer Beobachtermission zu bringen. Bisher war das Regime in Damaskus dazu aber nicht bereit. Ein zweites Ultimatum der Liga ist am Freitag ausgelaufen, die Frist wurde allerdings bis Mitternacht verlängert. Dem bereits von den Beratungen suspendierten Syrien drohen Finanzsanktionen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2011)

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