Wulff hält Anruf geheim - Bank widerspricht Darstellung

Wulff verhindert Veroeffentlichung seines
Wulff verhindert Veroeffentlichung seines(c) AP (Michael Sohn)
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Der deutsche Bundespräsident will die "emotionale" Mailbox-Nachricht an "Bild" nicht veröffentlichen. Die BW Bank widerspricht unterdessen seiner Darstellung zu seinem Kredit.

Der deutsche Bundespräsident Christian Wulff und das Boulevardblatt "Bild" haben sich nun wohl endgültig überworfen. Wulff lehnte am Donnerstagnachmittag die Veröffentlichung seiner Nachricht auf der Mailbox von "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann ab. Die Aufnahme soll belegen, ob Wulff einen Bericht komplett verhindern oder nur verschieben wollte. Die "Bild" behauptet ersteres und bedauert Wulffs Entscheidung, will sich aber daran halten. Vielleicht auch aus eigenem Interesse. Denn wie das ARD-"Morgenmagazin" berichtet, soll der deutsche Bundespräsident tatsächlich nur eine Verschiebung verlangt haben. Der Sender beruft sich dabei auf mit der Abschrift der Mailbox-Nachricht vertraute Kreise. Das Boulevardblatt hatte den deutschen Bundespräsidenten Stunden zuvor in einem Brief mit Nachdruck gebeten, den Wortlaut von Wulffs Nachricht auf der Sprachbox von "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann veröffentlichen zu dürfen.

--> Der Brief von Wulff an "Bild"

Doch Wulff verweigert eine Veröffentlichung: "Die in einer außergewöhnlich emotionalen Situation gesprochenen Worte waren ausschließlich für Sie und für sonst niemanden bestimmt", schreibt er am Donnerstagnachmittag an Diekmann. Und Wulff übt auch versteckte Kritik an der "Bild": "Es erstaunt mich, dass Teile meiner Nachricht auf Ihrer Mailbox nach unserem klärenden Telefongespräch über andere Presseorgane den Weg in die Öffentlichkeit gefunden haben."

"Schwerer Fehler"

Wulff soll Diekmann eine Sprachbox-Nachricht hinterlassen haben, um die Berichterstattung über die Kreditaffäre zu verhindern. Der Bericht erschien trotzdem. Am Dienstag bezeichnete der deutsche Präsident die Mailbox-Nachricht in einem TV-Interview als "schweren Fehler". Zugleich behauptete er aber, dass er damit nur die Verschiebung des Berichts um einen Tag erreichen habe wollen. Der ARD-Bericht bestätigt seine Version der Geschichte. Doch "Bild" widerspricht. Man habe die Aussage des Präsidenten mit "Verwunderung" zur Kenntnis genommen, schrieb Chefredakteur Diekmann an den Präsidenten. Veröffentlicht wurde bisher nur der Schriftverkehr mit Wulff. Dieser belegt, dass die Redaktion den Bericht über die Kreditaffäre schon einmal verschoben hat, um dem Präsidenten mehr Zeit für die Beantwortung eines Fragenkatalogs zu geben.

Jurist: Veröffentlichung in Teilen möglich

Der Rechtsexperte des Deutschen Journalistenverbandes (djv) Benno Pöppelmann hält eine Veröffentlichung des Anrufs rechtlich wohl zumindest in Teilen für möglich. "Ich neige dazu, den Anruf als nicht privat einzuordnen", sagte Justiziar Pöppelmann der Nachrichtenagentur Reuters: "Herr Wulff wollte wohl kein Privatgespräch führen, sondern sprach als betroffene Person der Berichterstattung."

Bank widerspricht Wulffs Darstellung

Die Glaubwürdigkeit des deutschen Bundespräsidenten wird durch einen weiteren Medienbericht angeknackst. Wie die Zeitung "Die Welt" am Freitag berichtet, kam der Vertrag für ein langfristiges Darlehen zur Finanzierung seines Hauses anders als von Wulff in seinem Fernsehinterview am Mittwoch geschildert nicht bereits im November zustande. Die Details des Vertrages seien zwar im November mündlich vereinbart worden, antwortete die Bank auf eine Anfrage der "Welt". Dies reiche jedoch nicht aus, um den Vertrag wirksam werden zu lassen. Einen schriftlichen Vertrag schickte die Bank ihren Angaben zufolge erst am 12. Dezember an Wulff, unterschrieben hat er den Kreditvertrag am 21. Dezember und damit rund eine Woche nach den ersten Medienberichten über seine Hausfinanzierung. Bei der Bank sei der unterschriebene Vertrag demnach am 27. Dezember eingegangen.

Deutsche reagieren ablehnend

Auch der Rückhalt in der Bevölkerung kommt Wulff aber nach und nach abhanden: Laut einer Umfrage des ARD-Deutschlandtrends sind erstmals 50 Prozent der Deutschen für den Rücktritt des Bundespräsidenten. 47 Prozent wollen, dass er weiter im Amt bleibt. Noch am Montag waren 63 Prozent der Deutschen dafür, dass er im Amt bleibt, lediglich 34 Prozent wünschten seinen Rücktritt.

Skandal um Wulff

Der deutsche Bundespräsident Christian Wulff steht seit Mitte Dezember wegen eines Privatkredits im Wert von einer halben Million Euro für einen Hauskauf in der Kritik. In seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident hatte er von dem befreundeten Unternehmer-Ehepaar Geerkes ein Darlehen erhalten. Später hatte Wulff diesen Kredit durch ein Darlehen der BW Bank abgelöst. Bei einer Befragung der Grünen im Landtag 2010 verneinte er dann aber eine geschäftliche Beziehung zu Egon Geerkens zu haben, auch das Darlehen erwähnte er nicht. Eine neue Dimension erhielt der Skandal, als bekannt wurde, dass Wulff durch einen Anruf bei "Bild"-Chefredakteur Diekmann die Veröffentlichung des Artikels zu verhindern versucht hatte.

(Ag./Red.)

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