Wer ist Xi Jinping, der kommende starke Mann Chinas?

Jinping kommende starke Mann
Jinping kommende starke Mann(c) AP (Lintao Zhang)
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Der künftige chinesische Staatspräsident und Parteichef der Chinesischen Kommunistischen Partei, Xi Jinping wird nun in Washington US-Präsident Obama und seinen offiziellen Gastgeber, Vizepräsident Biden, treffen.

Die Visite von Chinas „Kronprinz“ Xi Jinping in Washington kommt zu einer denkwürdigen Zeit: Vor genau einer Woche und 40 Jahren, am 21. Februar 1972, war der damalige US-Präsident Richard Nixon in Peking eingetroffen und stellte die bisherige China-Politik Washingtons auf den Kopf. Aus Feinden wurden Verbündete in der Einfriedung sowjetischen Vormachtstrebens.

Alles danach ist Geschichte: Chinas Bruttoinlandsprodukt explodierte von 331,4 Milliarden Dollar im Jahr 1980 (in Preisen von 2010) auf 6945 Milliarden Dollar im Jahr 2012 (Prognose), China absolvierte einen wahrhaft großen Sprung nach vorn.

Der künftige chinesische Staatspräsident und Parteichef der Chinesischen Kommunistischen Partei, Xi Jinping wird nun in Washington US-Präsident Barack Obama und seinen offiziellen Gastgeber, Vizepräsident Joe Biden, treffen. In Iowa wird er sich auf eine Nostalgietour begeben und auf den Spuren seiner Studienreise im Jahr 1985 wandeln. In Los Angeles wiederum kommt er mit Vertretern der Wirtschaftswelt zusammen. Sein Besuch an der Westküste soll wohl die Bedeutung der Pazifikküste für beide Staaten unterstreichen.

China: Die neue Nummer zwei

Eben hat China Japan als Nummer zwei der Weltwirtschaft abgelöst und wird wohl irgendwann in den nächsten Jahren – spätestens 2030 – auch die USA in puncto Bruttonationalprodukt auf die Plätze verweisen. Und mit der Wandlung der USA von einer atlantischen zu einer pazifischen Macht wird das Verhältnis zwischen den USA und dem Reich der Mitte die wohl wichtigste geopolitische Beziehung.

Doch während das politaffine US-Publikum in diesen Tagen jede Wendung im Rennen um die Nominierung des republikanischen Präsidentschaftskandidaten gebannt verfolgt, kann kaum jemand zwischen Los Angeles und Boston mit dem Namen Xi Jinping (Xí Jìn Píng) etwas anfangen. Nun soll zumindest die amerikanische Führung die Gelegenheit zu einem näheren Kennenlernen bekommen.

Frau Xi, Schlagerstar und General

Bis vor Kurzem wusste man mehr über Xi Jinpings Frau, Peng Liyuan, als über den zukünftigen Präsidenten Xi. Denn sie ist der Star eines Chors der Volksbefreiungsarmee im Rang einer Generalmajorin und gilt als überaus populär. Die Amerikaner glauben, in Xi Jinping ein Gegenüber zu haben, mit dem man besser zusammenarbeiten kann als mit dem derzeitigen Präsidenten, dem hölzern-steifen Hu Jintao. Xis Tochter studiert inkognito an der Harvard-Universität und der frühere US-Finanzminister Henry Paulson lobte Xi als einen „Typen, der die Dinge über die Ziellinie bringt“. Xi gilt als Favorit des liberalen Flügels der Partei, angeblich hat der wirtschaftsliberale frühere Staatspräsident Jiang Zemin bei der Kür Xi Jinpings die Strippen gezogen und dafür gesorgt, dass er und nicht der von Hu Jintao favorisierte Li Kequiang Präsident wird. Der 56-jährige Li soll stattdessen zukünftig den Premiersposten bekleiden.

Wie die meisten Vertreter der „fünften Generation“, die im Herbst an die Schalthebel der Macht kommen, stammt Xi Jinping aus dem Parteiadel: Xis Vater, Xi Zhongxun, war in der Zeit der chinesischen Revolution Parteiführer in der Provinz Shanxi. Xi Zhongxun fiel 1962 bei Mao in Ungnade, wurde aber nach Maos Tod rehabilitiert. Sohn Xi schuftete während der Kulturrevolution als Bauer in Shanxi. Nach dem Ende der Kulturrevolution studierte er an der Pekinger Elite-Uni Tsinghua und begann danach seine Polit-Karriere. Zuerst als Gouverneur der Provinz Fujian, wo er taiwanesische Unternehmer zu Investitionen ermutigte, danach in der fortschrittlichen Provinz Zhejiang, wo die durchschnittlich drittreichsten Stadtbewohner und die wohlhabendsten Bauern Chinas leben. Doch selbst, wenn die Anzeichen darauf hindeuten, dass Xi reformfreudiger sein wird als der bisherige Präsident Hu Jintao: Der chinesische Staatspräsident regiert im Konsens mit den übrigen acht Mitgliedern des ständigen Ausschusses des Zentralkomitees der KP. Und dort muss Xi Jinping zukünftig Kompromisse zwischen den eher linksorthodoxen „Populisten“ und den eher wirtschaftsliberalen „Elitisten“ finden.

Kaum Aussicht auf Reformen

Im Land nimmt die Zahl der Proteste zu. Inflation, Immobilienblase und eine Abkühlung der Wirtschaft machen den Machthabern in Peking Sorgen. Amerikas China-Experten dämpfen daher die Hoffnungen auf kühne Reformen – zuerst werden Xi und die Vertreter der fünften Generation ihre Macht zu konsolidieren versuchen.

Auf einen Blick

Xi Jinping wird aller Voraussicht nach im Herbst 2012 beim 18. Parteikongress der Chinesischen KP zum Staats- und Parteichef gewählt werden. Er gilt eher als Vertreter des wirtschaftsliberalen Flügels, der sich bei der „Kronprinzen“-Kür beim 17. Parteikongress im Jahr 2007 gegen Präsident Hu Jintaos Schützling Li Keqiang durchsetzte. Nun sollen die USA ihn bei seinem Antrittsbesuch in Washington kennenlernen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.02.2012)

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