Wahltriumph: Gauck ist neuer deutscher Bundespräsident

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Der Bürgerrechtler kam wie erwartet auf eine überwältigende Mehrheit. 991 von 1228 gültigen Stimmen entfielen auf den 72-Jährigen. Seine erste Reaktion: "Was für eins schöner Sonntag."

Am Sonntag, um 14:24 Uhr, war es soweit: "Herr Präsident, ich nehme die Wahl an", sagte Joachim Gauck zu Bundestagspräsident Norbert Lammert. Damit ist Gauck, der ehemalige DDR-Bürgerrechtler und evangelische Pastor am Ziel seiner Träume angelangt - und neuer deutscher Bundespräsident.

Gauck ist mit 72 Jahren das älteste deutsche Staatsoberhaupt der Geschichte - und das erste aus Ostdeutschland.

Der parteilose Theologe fuhr am Sonntag eines der besten Ergebnisse eines deutschen Bundespräsidentschafts-Kandidaten im ersten Wahlgang ein. 991 von 1228 gültigen Stimmen entfielen in der Bundesversammlung auf den 72-Jährigen. Das war freilich auch nicht anders zu erwarten: Gauck war als gemeinsamer Kandidat von CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen in die Wahl der Bundesversammlung gegangen.

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Nur die Linke und die NPD wollten nicht mitziehen. Die Linke nominierten Nazi-Jägerin Beate Klarfeld. Sie erhielt 126 Stimmen und damit drei Stimmen mehr als die Linke Wahlmänner stellt. Die rechtsextreme NPD, die nur drei der insgesamt 1240 Wahlmänner stellt, ging mit dem Historiker Olaf Rose ins Rennen. Genau drei Stimmen erhielt Rose dann auch.

"Werde niemals eine Wahl versäumen"

Gauck verfolgte die Wahl von der Besuchertribüne im deutschen Reichstag. "Was für ein schöner Sonntag", sagte er danach in einer kurzen Rede vor der Bundesversammlung und erinnerte an seine erste freie Wahl zur DDR-Volkskammer vor 22 Jahren: "In jenem Moment war da in mir neben der Freude ein sicheres Wissen: Ich werde niemals eine Wahl versäumen." Auch als Präsident könne er sich die Welt und das Land nicht denken ohne Freiheit und Verantwortung.

Gauck will sich gegen Politikverdrossenheit einsetzen. Viele Bürger hätten ihn ermutigt, die Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten anzunehmen, sagte er. "Das gibt mir Hoffnung auf eine Annäherung zwischen den Regierenden und der Bevölkerung, an der ich nach meinen Möglichkeiten unbedingt mitwirken werde." In Deutschland wird die Zahl der Nichtwähler seit Jahren immer größer. Seine Wahl habe er mit "unendlicher Dankbarkeit" aufgenommen.

Gauck löst Christian Wulff ab. Der 52-Jährige war über seinen Umgang mit befreundeten Unternehmern gestolpert. 2009 war Gauck dem CDU-Politiker Wulff noch bei der Bundesversammlung unterlegen. Nach dessen Rücktritt hat sich auch die dem Vernehmen nach anfangs skeptische Bundeskanzlerin Angela Merkel vom Koalitionspartner FDP auf Gauck als gemeinsamen Kandidaten umstimmen lassen.

"An ihm werden sich viele reiben"

Gauck wird derzeit mit Vorschusslorbeeren überschüttet, die Erwartungshaltung an den 72-Jährigen ist enorm: Gauck werde ein Bundespräsident sein, "an dem sich viele reiben werden", manchmal auch die SPD, befand Frank-Walter Steinmeier, Fraktionschef der SPD, bereits im Vorfeld der Wahl. "Aber gerade deshalb ist es der richtige Präsident." Gauck werde dem Land guttun, sagte auch Steinmeiers FDP-Amtskollege Rainer Brüderle. Der 72-jährige Gauck sei integer, überzeugend und glaubwürdig, so Brüderle. Gaucks Wahl bezeichnete er dann in der ARD als "Glücksfall der Geschichte".

Bundeskanzlerin Merkel erwartet sich von Gauck Denkanstöße. Mit Konflikten rechnet sie nicht, mit Meinungsunterschieden aber sehr wohl. Dass nun neben der Bundeskanzlerin auch der Bundespräsident aus der ehemaligen DDR kommt, gefällt der Kanzlerin: "Die Ostdeutschen sind angekommen, trotzdem bleibt bei der deutschen Einheit noch einiges zu tun."

Gauck zieht als elfter Bundespräsident ins Schloss Bellevue ein, seine Vereidigung findet am Freitag statt. Weil Gauck die Wahl bereits angenommen hat, ist er aber bereits jetzt in Amt und Würden.

(c) Reuters

(jst/Ag.)

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