Mali: Rebellen erobern Norden des Landes

Rebellen Mali kesseln Timbuktu
Rebellen Mali kesseln Timbuktu(c) AP (BEN CURTIS)
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Der Militärputsch ermöglicht den Tuareg einen nahezu ungebremsten Vormarsch. Am Nachmittag hatten die Tuareg-Kämpfer Timbuktu eingekesselt, Augenzeugen berichteten von sporadischem Gewehrfeuer.

Wien/Bamako/Ag/Hd. Drei Tage, drei Städte: Die Tuareg-Rebellen im Norden Malis setzen ihren Vormarsch derzeit völlig ungebremst fort: Am Freitag nahmen sie die strategisch wichtige Stadt Kidal ein, tags darauf rückten sie in der Garnisonsstadt Gao ein, nachdem diese von den Regierungstruppen fluchtartig verlassen worden war. Am Sonntag standen sie schon vor Timbuktu, in friedlicheren Zeiten ein Magnet für Sahel-Touristen.

Am Nachmittag hatten die Tuareg-Kämpfer die Stadt eingekesselt, Augenzeugen berichteten von sporadischem Gewehrfeuer. Eine Einnahme Timbuktus wäre nicht nur der bisher prestigeträchtigste Erfolg der Rebellen, sie hätten damit auch einen wesentlichen Teil von Nord-Mali – es geht um ein Territorium, das größer ist als die Fläche der einstigen Kolonialmacht Frankreich – unter ihrer Kontrolle.

Putschisten geben Macht ab

Der rasche Vormarsch der Rebellen, deren neuerlicher Aufstand im Jänner begann, hat vor allem zwei Ursachen: Ein Teil der Kämpfer hat einst Libyens Diktator Muammar al-Gaddafi als Söldner gedient. Nach dem Sturz Gaddafis plünderten sie Libyens Waffenarsenale und kehrten zurück. Die Tuareg sind diesmal also viel besser ausgerüstet als bei früheren Aufständen.

Zudem spielt ihnen der Militärputsch vor gut zehn Tagen in die Hände: Viele Soldaten sind zur Absicherung des Coups in der Hauptstadt gebunden und fehlen bei der Bekämpfung des Aufstands. Der Putsch ging damit nach hinten los, denn die Militärs hatten Präsident Amadou Toumani Touré ja deshalb abgesetzt, weil sie ihn für „unfähig“ erklärten, der Tuareg-Rebellion Herr zu werden. Am Sonntag erklärten die Putschisten, nur Stunden vor Auslaufen eines Ultimatums der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas, bald zur verfassungsmäßigen Ordnung zurückkehren zu wollen.

Ecowas-Gipfel in Dakar

Angesichts der instabilen Lage in Mali kommen die Staats- und Regierungschefs der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) am Montag zu einem Gipfeltreffen zusammen. Das Treffen soll am Rande der Amtseinführung des neuen senegalesischen Präsidenten Macky Sall in Dakar stattfinden, wie der Präsident der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, am Sonntag ankündigte. Es gehe um internationale Maßnahmen, um auf den Konflikt in Mali einzuwirken.

Die Ecowas wolle die Integrität des malischen Staatsgebiets, zitierte die Nachrichtenagentur APS Ouattara. Am Donnerstag hatte es bereits in Abidjan ein Gipfeltreffen gegeben. Dabei hatten die Staatschefs der Organisation dem malischen Putschistenführer Amadou Sanogo bis Montag Zeit gegeben, zur verfassungsmäßigen Ordnung zurückzukehren. Die Ecowas und die Nachbarländer drohten Mali nach dem Militärputsch mit Sanktionen.

Frankreich empfahl seinen Staatsbürgern am Montag, das westafrikanische Land zu verlassen. "Es wird empfohlen, bis auf weiteres nicht nach Mali zu reisen", teilte das Außenministerium in Paris auf seiner Internetseite mit. Mali ist eine ehemalige französische Kolonie. In dem afrikanischen Land leben rund 5000 Franzosen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2012)

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