Obama vs. Romney: Das Duell ums Weiße Haus

(c) REUTERS (BRIAN SNYDER)
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Mit der Vorentscheidung bei den Republikanern ist der eigentliche Wahlkampf für die US-Präsidentenwahl eröffnet. Was sind die Stärken und Schwächen der Kandidaten Barack Obama und Mitt Romney?

Obama: Entzauberter Wahlkampfmagier

Bill Maher, links, unberechenbar und einer der ätzendsten TV-Comedians in den USA, nimmt gern den Präsidenten ins Visier: „Barack Obama ist derzeit stark in den Umfragen. Sogar Konservative bewegen sich jetzt. 30 Prozent von ihnen meinen inzwischen, Obama habe eine Green Card verdient.“

Der Witz zielt auf jenen republikanischen Narrensaum ab, der die präsidiale Geburtsurkunde für eine Fälschung hält und immer noch glaubt, Obama sei in Afrika geboren. Aber der Witz entlarvt eine tatsächliche Schwäche des Präsidenten: Der Sohn eines Kenianers und einer Weißen aus Kansas, geboren auf Hawaii und teilweise in Indonesien aufgewachsen, wurde 2008 auch wegen seiner Exotik und dem personifizierten Kontrast zur misslungenen Bush-Ära gewählt. Er hat dieses Anderssein seitdem nicht ablegen können und wirkt auf viele Amerikanern bis heute fremd.

Weniger weil Obama als „erster schwarzer Präsident“ seinen Platz in den Geschichtsbüchern schon ohne jedes Zutun gefunden hätte. Sondern weil er als abgehobener Intellektueller gilt, geografisch und habituell fern den US-Herzlanden und ihren Bewohnern und darum das natürliche Objekt des präventiven Misstrauens mit dem Tenor: Ist er am Ende vielleicht doch ein Muslim, was beweist schon der Kirchgang mit seiner Familie zu Ostern?

Populäre Ehefrau Michelle

Obama, 50, will am 6. November im Amt bestätigt werden. Das schien vor gut einem Jahr noch fast aussichtslos. Die Arbeitslosigkeit war hoch, sein Ansehen im Keller. Damals meinten manche,

nun könnten ihn nur noch viele öffentliche Auftritte mit den Teenager-Töchtern Malia und Sasha und seiner Frau Michelle retten, die in der Popularität weit vor ihm rangiert.

Doch die Wirtschaft hellte sich auf, und die Umfragen verbesserten sich. Gleichwohl ist der Zauber, der den Anfängen dieses 44. Präsidenten innewohnte, längst verflogen. „Hoffnung“, „Wandel“, „Yes, we can“, diese wirkungsmächtigen Slogans des Jahres 2008 klingen heute hohl, fast zynisch. Darum wird Obama im Wahlkampf weniger mit seinen Leistungen zu punkten versuchen, sondern vielmehr das Schreckgespenst einer Rückkehr zu den Zuständen zuvor an die Wand malen: die Finanzkrise, die geplatzte Immobilienblase, die Bankenpleiten, zwei teure Kriege. Wobei sich längst nicht alles davon dem vorigen Präsidenten anlasten lässt.

Kein kumpeliger Typ

Dass sich Obama nach wie vor auf Wahlkämpfe versteht, hat er heuer schon gezeigt. Er ist kein kumpeliger Typ und scheint beim gelegentlichen Bad in der Menge mitunter regelrecht zu fremdeln, weiß sich aber auf Situationen und Erwartungen einzustellen. Er ist kämpferisch, aber nicht konfrontativ. Er kann die Republikaner und ihren designierten Kandidaten Mitt Romney kräftig abwatschen und im nächsten Satz den Eindruck vermitteln, nichts sei ihm wichtiger als der Dialog.

Bei Frauen liegt Obama nach aktuellen Umfragen mit 48 zu 35 Prozent vor Romney. Aber auch unter männlichen Wählern führt er in den meisten Erhebungen, derzeit sogar in der Mehrheit der Schlachtfeld-Staaten wie Florida, Ohio und Virginia. Dort lag zu Jahresbeginn noch Romney vorn.
Im Weißen Haus war man immer von einer Nominierung Romneys ausgegangen. Die Kampagne des Präsidenten wird darauf abzielen, ihn als unzuverlässigen Rechtsausleger darzustellen. Mit ihm würde jene Politik der schwachen Regierung und der fehlenden Regulierung zurückkehren, die die USA in ihre vorige Krise gesteuert hätten.

Als außenpolitisches Weichei wird sich der Präsident von den Republikanern kaum noch zeihen lassen, nachdem er Osama bin Laden töten ließ. Aber entscheidend bleibt die innenpolitische Front. Gemessen an den Erwartungen, die er vor vier Jahren weckte, hat Obama hier enttäuscht. Darum wird er wohl doch noch öfter mit seiner Frau und den beiden Töchtern bei Kirchgängen und anderswo in der Öffentlichkeit zu beobachten sein.


Romney: Millionär ohne Bodenhaftung

David Letterman, der Großmeister der TV-Talkshow, hat die Mutter aller Witze über den kommenden Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gemacht: „Mitt Romney sieht aus wie das Bild, das man zusammen mit dem Bilderrahmen bekommt.“

Der Witz klingt zunächst nicht böse, ob der makellosen Erscheinung Romneys. Aber er ist ausgesprochen gefährlich, weil er den Kandidaten zu einem Posterboy macht: Er sieht gut aus, aber sonst? Wofür steht er? Sollte Romney, schob Letterman nach, gewählt werden, „wird er der erste Präsident sein, der den Amtseid auf einer Ausgabe von ,GQ‘ ableistet“.

Mitt Romney, 65, affärenfrei verheiratet und Vater von fünf Kindern, ist nach dem Rückzug Rick Santorums aus den Vorwahlen die Nominierung zum Kandidaten der Republikaner nicht mehr zu nehmen. Der einstige Gouverneur von Massachusetts kämpft zum zweiten Mal um das Präsidentenamt, nachdem er 2008 in den Vorwahlen an John McCain gescheitert war. Damals galt der Multimillionär und Ex-Geschäftsmann als konservativer Widersacher des vom Parteiestablishment gestützten liberaleren Senators aus Arizona.

Liberales Image korrigieren

In den vergangenen Monaten musste der Mormone hingegen ein zu liberales Image „korrigieren“, immer wieder versichern, dass er zutiefst konservativ sei, immer konservativ war und als Präsident konservative Politik betreiben würde. Obwohl er als Gouverneur zu Themen wie Abtreibung oder Homo-Ehe Positionen vertrat, die der Republikaner-Basis gar nicht behagen. Und obwohl er in Massachusetts eine Gesundheitsreform initiierte, die dem von Obama auf Bundesebene umgesetzten Modell zur Vorlage gereichte.

Die Flucht vor der einstigen Agenda führte zu einer denkwürdigen Panne in Romneys kostspieligem Wahlkampf: Ein Berater sagte einem Fernsehjournalisten, das starke Lehnen nach rechts lasse sich vor der Präsidentenwahl problemlos korrigieren, um gemäßigte Wechselwähler mit liberalen Positionen zu umgarnen. Das funktioniere wie bei den Zaubertafeln, bei denen sich eine Zeichnung mit einer Handbewegung ausradieren lässt. Ein Musterbild im Rahmen. Romney wird von nun an um Glaubwürdigkeit kämpfen müssen.

Effizienter Organisator

Er  ist zwar kein überragender Redner, aber ein sehr befähigter Wahlkämpfer. Der Harvard-Jurist und -Wirtschaftswissenschaftler ist ein großartiger Organisator, der für die Vorwahlen einen schlagkräftigen Apparat aufgebaut hat.

Inhaltlich kann er auf seine Wirtschaftskompetenz verweisen: Der Sohn eines Gouverneurs von Michigan bewies sich als Firmenberater und Investment-Unternehmer. 2002 vollbrachte er das Kunststück, als Chef des Organisationskomitees die Olympischen Winterspiele in Salt Lake City mit Überschüssen abzuschließen.

Wirtschaft und Arbeitsplätze sind auch die zentralen Themen in Romneys Kampagne gegen Obama. „Ich bin nicht so lange in der Politik, dass ich sie schon inhaliert hätte“, lautet seine ständige Botschaft. Dies schafft auch Distanz zum Washingtoner Politikbetrieb, dessen Ansehen miserabel ist.

Sollte sich indes die Wirtschaft weiter erholen und die Arbeitslosigkeit zurückgehen (sie lag im September 2010 bei 10 Prozent und sank bis März auf 8,2 Prozent), bliebe in Romneys Themenköcher nicht viel übrig. Insbesondere Obamas Gesundheitsreform kann er wegen seiner eigenen Vergangenheit nicht glaubwürdig angreifen.

Seine Zugehörigkeit zur „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ dürfte einige Wähler abschrecken. Doch zum Wahlkampfthema wird Romneys Mormonentum nicht werden.

Schwieriger wird es für den rund eine Viertelmilliarde Dollar schweren Ex-Unternehmer, den Vorwurf zu vermeiden, ihm fehle das Verständnis für die Sorgen und Nöte der Mittelklasse. Wie sagte Fernsehspötter David Letterman? „Heute kündigte Mitt Romney an, er werde in Kalifornien ein Strandhaus für 12 Millionen Dollar bauen. Das ist der Mann, der die Stimmung im Land zu lesen versteht.“

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