Die Vorbereitungen für einen dritten Nukleartest sind offenbar so gut wie abgeschlossen. Auch Südkorea hat aufgerüstet und droht mit Einsatz neuer Raketen.
Peking/Pjöngjang. Der verpatzte Raketentest ist noch keine zwei Wochen her, da scheint Nordkorea unbeirrt bereits den nächsten Schlag zu planen: Die international weitgehend isolierte Diktatur hat offenbar die Vorbereitungen für einen dritten Atomtest nahezu abgeschlossen. Dies hat die Nachrichtenagentur Reuters aus vertraulichen Quellen erfahren.
Wichtigster Informant ist eine Person mit „Verbindungen zur nordkoreanischen und chinesischen Führung“, deren Angaben sich bisher als zutreffend erwiesen hätten, etwa bei Nordkoreas erstem Atomtest 2006. Der neue Test könnte demnach schon bald stattfinden. Von offizieller Stelle ist aus Pjöngjang wie üblich nichts zu vernehmen. Südkoreanische Sicherheitskreise gehen ebenfalls von einem baldigen Termin aus. Mit dem Test sei in ein bis zwei Wochen zu rechnen. Eine Quelle geht vom kommenden Mittwoch aus, da dann in Nordkorea der „Tag der Streitkräfte“ begangen wird.
Dazu passt, dass sowohl dem ersten von 2006 als auch dem zweiten Atomtest von 2009 jeweils ein Raketenstart unmittelbar vorausging. Am 14. April wollte Nordkoreas seit Dezember amtierender neuer Führer, der erst 30-jährige Kim Jong-un, eine Langstreckenrakete ins All schießen lassen – zu Ehren des 100. Geburtstages des verstorbenen Staatsgründers Kim Il-sung, seines Großvaters. Doch nur eine Minute nach dem Start explodierte die Rakete, Trümmer waren noch hundert Kilometer weiter in den Hoheitsgewässern Südkoreas zu finden.
„Südkorea pulverisieren“
Der verpatzte Test sorgte dennoch weltweit für Empörung. Denn der UN-Sicherheitsrat verbietet Nordkorea Raketen- und Atomtests. Der ehemalige südkoreanische Außenminister und jetzige Generalsekretär, Ban Ki-moon, hat noch am Morgen erneut vor „weiteren provokanten Maßnahmen“ gewarnt, nachdem nordkoreanische Streitkräfte Seoul am Montag mit „besonderen Aktionen“ gedroht hatten, die Südkorea innerhalb von drei bis vier Minuten pulverisieren könnten. Diese Aktionen würden mit „noch nie da gewesenen Mitteln und Methoden“ umgesetzt. Das Regime in Nordkorea hat bereits Dienstag vergangener Woche sein Moratorium für Urananreicherung sowie für Atomversuche und Tests von Langstreckenraketen aufgehoben, nachdem die USA nach Nordkoreas versuchtem Raketenstart die Lebensmittelhilfe eingestellt hatten.
Von Nordkoreas Schutzmacht China kommt Widersprüchliches: Nach einem Treffen mit einer nordkoreanischen Delegation am Sonntag sagte der chinesische Staatskommissar Dai Bingguo, dass Nordkorea „seinen Weg zum Wohlstand“ fortsetzen werde und hat damit auch dem jungen Kim sein Vertrauen ausgesprochen. Dabei hatte die Volksrepublik eine Woche zuvor den Raketentest „mit Sorge aufgenommen“. Und US-Außenministerin Hillary Clinton versicherte, dass die Staatengemeinschaft „einschließlich China“ bei neuen Provokationen zu „weiteren Konsequenzen“ bereit sei.
Hat China Sanktionen verletzt?
Zugleich aber prüft die UNO auch, ob China nicht gegen die Nordkorea-Sanktionen verstoßen hat: Auf Bildern der Militärparade anlässlich der Geburtstagsfeiern für Kim Il-sung war ein Raketenwerfer zu sehen, der aussieht wie „made in China“.
Auch Südkorea rüstet auf: Die Streitkräfte in Seoul haben nach eigenen Angaben neue Marschflugkörper stationiert, die jede Raketen- oder Atomanlage in Nordkorea treffen könnten. Generalmajor Shin Won Sik machte denn auch kein Hehl daraus, dass sein Land die Waffen im Fall „rücksichtsloser Provokationen“ unverzüglich einsetzen werde.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2012)