"Möge Gott uns helfen": Griechenland droht Machtvakuum

Griechenland Wahl droht Machtvakuum
Griechenland Wahl droht Machtvakuum(c) AP (Kostas Tsironis)
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Die bisherigen Regierungsparteien haben bei der Wahl ihre Mehrheit im Parlament verloren. Die Bildung einer Koalition wird schwierig. Dem Land läuft die Zeit davon, eine Staatspleite droht.

Nach dem politischen Erdbeben vom Sonntag startet in Griechenland das Ringen um eine neue Führung. Die Regierungsbildung wird schwierig: Die bisherige Koalition aus Neue Demokratie (ND) und Sozialisten (PASOK) hat ihre Mehrheit knapp verloren. Die beiden einstigen Großparteien haben zusammen nur noch 149 Mandate im 300 Sitze starken Parlament.

Damit sind ND und PASOK auf eine Zusammenarbeit mit einer jener fünf weiteren Parteien angewiesen, die den Sprung ins Parlament geschafft haben. PASOK-Chef Evangelos Venizelos plädierte am Wahlabend für eine Regierung der nationalen Einheit aller Parteien, die EU und Euro befürworten. „Griechenland muss in der Eurozone bleiben", betonte er. Dass die Suche nach einer Koalition nicht einfach wird, ist ihm freilich klar: „Möge Gott uns helfen". Auch ND-Chef Antonis Samaras sprach sich am Wahlabend für ein pro-europäisches Bündnis aus.

Doch welche Partei könnten Venizelos und Samaras ins Boot holen? Das Linksbündnis SYRIZA, das überraschend zweitstärkste Kraft wurde, scheint nicht zu einer Zusammenarbeit bereit zu sein. Außerdem ist SYRIZA zwar für den Verbleib in EU und Eurozone, stellt den Sparpakt mit den internationalen Geldgebern jedoch infrage und will, dass Athen seine Schulden nicht mehr zahlt.

In Frage kämen noch die Unabhängigen Griechen, eine eher antieuropäische rechtsorientierte Partei, die 33 Sitze im Parlament haben wird. Auch eine Zusammenarbeit mit der gemäßigten Demokratischen Linken (19 Mandate) wäre möglich. Die Führung beider Parteien hatten im Vorfeld aber eine Koalition mit den Traditionsparteien abgelehnt. Von vorneherein nicht für eine Koalition in Frage kommen die rechtsextreme „Goldene Morgenröte" und die Kommunisten.

Samaras hat drei Tage Zeit für Regierungsbildung

Staatspräsident Karolos Papoulias beauftragte am Montagnachmittag Samaras mit der Regierungsbildung. Das Mandat gilt laut Verfassung für drei Tage. Scheitern diese Verhandlungen, erhält der Chef des Bündnisses SYRIZA, Alexis Tsipras, ein dreitägiges Sondierungsmandat. Die Partei wurde überraschend erstmals in ihrer Geschichte zweitstärkste Kraft - mit 52 Abgeordneten. Sollte auch dieser Versuch scheitern, bekommt Venizelos das Mandat für drei Tage.

Neuwahlen stehen bevor, wenn all diese Sondierungen ohne Ergebnis bleiben. Dann würde der Präsident alle Parteivorsitzenden zu einer letzten Sondierungsrunde zusammenbringen. Dabei würde er ein letztes Mal prüfen, ob eine Koalitionsregierung gebildet werden kann. Sollte auch dies scheitern, dann wird das eben erst gewählte Parlament aufgelöst und es werden Neuwahlen binnen 30 Tagen angesetzt. Das Land würde solange von einer Übergangsregierung geführt.

Kommen baldige Neuwahlen?

"Die Unsicherheit im Moment ist groß, welche Art von Regierung es geben wird und ob sie das EU/IWF-Programm unterstützt", sagte Analyst Diego Iscaro von IHS Global Insight. Der griechische Politologe Dimitri Sotiropoulos erwartet Neuwahlen "binnen eines Monats". Als Grund für die schwierige Regierungsbildung nannte der Professor an der Universität Athen die schwammige politische Debatte vor der Wahl. Die Regierung habe den Wählern nicht ausreichend erklärt, welche Konsequenzen ein Ausstieg aus dem Euro und der Widerstand gegen die Sparmaßnahmen haben. Als Resultat seien viele Stimmen an radikale Parteien gegangen, die sich einem Ausweg aus der Schuldenkrise verweigerten, und nie erklärt hätten, wie sie für die Sanierung Griechenlands bezahlen wollen.

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Griechenland braucht neue Hilfsgelder

Den Griechen läuft die Zeit davon. Das Land braucht dringend wieder neues Geld - bis Ende Juni sollen es 30 Milliarden Euro sein. Die internationalen Geldgeber erwarten aber bis Mitte Mai eine handlungsfähige Regierung. Sollten sie diese nicht vorfinden, könnten sie den Geldhahn zudrehen, und Griechenland wäre Ende Juni pleite.

(Ag./Red.)

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