Hintergrund: Die Enthüllungsplattform Wikileaks

Julian ASSANGE
Julian ASSANGE(c) EPA (Facundo Arrizabalaga)
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Mit der Veröffentlichung von Geheimen Akten zu den Kriegen im Irak und und Afghanistan erlangten die Plattform und Julian Assange Berühmtheit. Ein interner Streit schwächte das Portal.

Wikileaks wurde im Jahr 2006 als Enthüllungsplattform von digitalen Politaktivisten aus Europa, Australien und den USA gegründet. Welche Rolle der Australier Julian Assange, über dessen Auslieferung das britische Höchstgericht am Mittwoch entschieden hat, dabei einnahm, ist nicht zweifelsfrei bekannt. Aus den Reihen von Wikileaks liegen dazu widersprüchliche Angaben vor. Klar ist, dass Assange schnell zur treibenden Kraft des kleinen Wikileaks-Teams wurde.

Die ersten Enthüllungen, die über Wikileaks veröffentlicht wurden, deckten ein breites inhaltliches Spektrum ab: Es ging unter anderem um den Nachweis einer milliardenschweren Korruption in Kenia, geheimes Material der umstrittenen Organisation Scientology, interne Dokumente der Schweizer Bank Julius Bär oder vertrauliche Verträge der deutschen Bundesregierung mit dem Lkw-Maut-Betreiber Toll Collect.

Den ersten weltweiten Scoop, eine exklusive Meldung, erzielte Wikileaks im April 2010 mit der Veröffentlichung eines Videos der US-Streitkräfte zu einem Luftangriff im Irak, bei dem vermutlich über zehn Menschen erschossen wurden, darunter zwei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters. Das unter dem Namen "Collateral Murder" veröffentliche Video wurde Wikileaks mutmaßlich von dem US-Soldaten Bradley Manning zugespielt. Er wurde im Mai 2010 festgenommen. In dem Strafverfahren in den USA droht ihm nun die Todesstrafe.

Tagebücher zum Afghanistankrieg

Auch die nachfolgenden großen Veröffentlichungen von Wikileaks im Sommer 2010 gingen mutmaßlich auf Manning zurück: Nahezu 92.000 US-Militärdokumente über den Afghanistankrieg ("Afghan War Diary") enthalten zum Teil erschütternde Details über den Militäreinsatz. Außerdem publizierte die Enthüllungsplattform fast 400.000 geheime US-Militärakten zum Irak, in denen auch Gräueltaten dokumentiert sind. Die USA reagierten auf die Veröffentlichung empört. Die Veröffentlichung gefährde das Leben ihrer Soldaten.

Vermutlich war Manning auch der Lieferant von 250.000 vertraulichen Dokumente aus US-Botschaften ("Cablegate"): Ihre Veröffentlichung erschütterte im November 2010 die Weltdiplomatie und brachte die US-Regierung in Bedrängnis. Über den Scoop berichteten fünf renommierte internationale Medien, darunter der "Spiegel".

Streit im Team der Plattform bricht aus

Intern kam es bei Wikileaks im Sommer 2010 zu einem heftigen Streit um die Ausrichtung der Enthüllungsplattform und den Umfang mit dem Ermittlungsverfahren aus Schweden gegen Assange wegen sexueller Vergehen. Im September 2010 verließ unter anderen der Deutsche Daniel Domscheit-Berg das Projekt. Wikileaks verfügt seitdem dem Vernehmen nach über keine eigene technische Infrastruktur mehr, um einen sicheren Umgang mit eingereichten Dokumenten zu gewährleisten.

Außerdem entzweite sich Assange mit vielen Medienpartnern wie der "New York Times" oder dem britischen "Guardian". Am 7. Dezember 2010 stellte sich Assange der britischen Polizei. Seitdem kämpfte er gegen eine Auslieferung nach Schweden. Aus dem Hausarrest heraus lenkte Assange zuletzt die Aufmerksamkeit auf die Veröffentlichung interner E-Mails des US-amerikanischen Analyse-Unternehmens Stratfor, die vermutlich von der Hackergruppe Anonymous erbeutet worden waren.

(Ag.)

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