Ungarn: Kunst, Kränze und Zankäpfel

(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
  • Drucken

Ungarns Premier Viktor Orbán ehrt in Wien einen verstorbenen Kardinal, enthüllt ein Kunstwerk und hört sich die Klagen österreichischer Firmen an. Er betonte das Recht seines Landes auf politische Alleingänge.

Wien. „Mehr von dem, was uns verbindet, und weniger von dem, was uns auseinanderdividiert“ – so stellt sich Bundeskanzler Werner Faymann die Zukunft der österreichisch-ungarischen Beziehungen vor. Anlass für die Äußerung dieses Wunsches war eine Initiative der Vienna Insurance Group (VIG), zu deren gestriger Präsentation Faymanns ungarischer Kollege Viktor Orbán nach Wien angereist ist: die Ummantelung des VIG-Hauptquartiers am Schottenring durch den Künstler László Fehér.

Am Rande dieser Enthüllung der Verhüllung sollte es auch zu einem kurzen bilateralen Gespräch zwischen Faymann und Orbán kommen – aus diesem Anlass wollte der Bundeskanzler auch seine Ungarischkenntnisse auffrischen: „Meine Großmutter konnte Ungarisch und hat versucht, mir das Zählen beizubringen.“

Wirtschaftliche Problemfälle

Das Wissen um die ungarischen Zahlen wäre in diesem Zusammenhang wohl besonders nützlich, denn in den Beziehungen zwischen den beiden Ländern ging es zuletzt immer wieder um hohe Beträge: um ungarische Sondersteuern für Banken und Einzelhändler und um behördlich fixierte Wechselkurse bei Fremdwährungskrediten, die den in Ungarn tätigen österreichischen Unternehmen sauer aufstoßen. Aufs Tapet gebracht wurden die Probleme bei der Wirtschaftskammer Österreich, wo Orbán Dienstagnachmittag ein Referat mit dem optimistisch klingenden Titel „Die Erneuerung Ungarns und die wirtschaftliche Wende in Europa“ hielt – wobei der zeitliche Rahmen für das Arbeitstreffen mit 20 Minuten sehr eng gesteckt war, wie es aus WKO-Kreisen hieß.

Anwesend bei dem kurzen Meeting waren dem Vernehmen nach neben Vertretern von WKO und Industriellenvereinigung auch Erste-Chef Andreas Treichl sowie ein Vorstand des Abfallentsorgers Saubermacher. Das steirische Unternehmen sorgt sich um eine Neuregelung der ungarischen Abfallwirtschaft, die 2013 in Kraft treten soll und – wie befürchtet wird – eine schrittweise Verstaatlichung der Branche in die Wege leiten dürfte. Ein weiteres Thema, das angeschnitten werden sollte, ist die Sondersteuer für Einzelhändler mit einer Verkaufsfläche von mehr als 300 Quadratmetern, die vor allem österreichische Unternehmen wie Spar oder Baumax trifft.

Wie Orbán auf die österreichischen Klagen reagierte, war nicht zu erfahren, denn das Treffen fand hinter verschlossenen Türen statt. Bei dem Festakt am Schottenring betonte der ungarische Premier jedenfalls das Recht seines Landes auf politische Alleingänge und plädierte für ein Europa der kleinen Unterschiede: Divergierende Lösungsansätze in den einzelnen EU-Mitgliedsländern seien weder problematisch noch ein Grund zur Sorge.

Orbáns Wiener Terminkalender war jedenfalls prall gefüllt. Am Vormittag legte der Regierungschef gemeinsam mit Kardinal Christoph Schönborn einen Kranz zum Gedenken an den in Wien verstorbenen ungarischen Kardinal Jozsef Mindszenty nieder, VIG-Manager Günther Geyer erhielt in der ungarischen Botschaft einen Orden. Und für den Abend war ein Treffen mit Außenminister Michael Spindelegger geplant.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.