Der ukrainischen Oligarchie geht es prächtig

(c) AP (EFREM LUKATSKY)
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Das ukrainische Herrschaftssystem beruht auf einer nahtlosen Verquickung von Politik und Business. Einige Milliardärgruppen haben sich den Einfluss auf Staatschef Janukowitsch gesichert.

[Moskau/Kiew] Oligarchen als Spezies wurde in der Geschichte manchmal auch Unrecht getan. Am meisten dadurch, dass ihnen auch dann noch politische Macht zugeschrieben wurde, wenn sie diese gar nicht mehr hatten. Im heutigen Russland etwa, wo die von Wladimir Putin entmannten Großunternehmer von den Zeiten, da sie keine Angst vor dem Kreml hatten, nur noch träumen können.

Das ist in der Ukraine anders. Hier ist der Oligarch noch ein Oligarch. Will er politischen Einfluss – und er will ihn –, so hat er ihn auch. Und selbst wenn sich Präsident Viktor Janukowitsch von seinen steinreichen Einflüsterern emanzipieren will, indem er seine Söhne als Kraftzentren aufwertet, steht er doch an Durchsetzungskraft Putin nach.

Kohle, Stahl . . .


Traditionell kommt
der ukrainische Oligarch aus dem industriereichen und russischsprachigen Osten des Landes. Als Paradeexemplar gilt Rinat Achmetow – der 45-jährige Sohn eines Bergmanns und einer Verkäuferin rangiert laut Forbes-Liste der Milliardäre mit geschätzten 16 Mrd. Dollar international auf Platz 39. Seine Dominanz begann damit, dass der Verbrecherboss Alik Grek (der „Grieche“) bei einem Bandenkrieg 1995 im Stadion in die Luft gesprengt worden war, während Achmetow genau an diesem Tag dem Stadion ferngeblieben war. Bis dahin war die Ostukraine von brutalen Kämpfen unterschiedlicher Bosse geschüttelt gewesen.

Achmetows finanzielle Potenz als Herr über den Kohle-, Stahl- und Bankensektor im Gebiet Donezk hat 2004 das Land erschüttert. Im Wunsch nach politischer Macht nämlich hat er Janukowitsch derart hochgepäppelt, dass Ex-Staatspräsident Leonid Kutschma ihn als Nachfolger in die Präsidentenwahlen 2004 schicken musste und so ungewollt die Orange Revolution provozierte. Achmetow überlebte auch diese, obwohl er kurzzeitig vor Julia Timoschenko ins Ausland flüchtete. Seinen jetzigen Einfluss hat Achmetow, der auch den FC Schachtjor Donezk besitzt, gewahrt, indem er „seine“ Leute um Janukowitsch platziert hat: allen voran seinen Jugendfreund Boris Kolesnikov, der als Vizepremier auch die die Fußball-EM 2012 vorbereitet hat.

. . . und Erdgas


Politisch freilich muss Achmetow seinen Einfluss längst teilen – allen voran mit Dmitro Firtasch, Dessen dubioser Gashändler RosUkrEnergo bis Mitte 2006 zum Teil von der Raiffeisen Invest AG treuhänderisch gehalten worden ist. Auch Firtasch, dessen Firmengruppe in Wien registriert ist, war von Timoschenko gestutzt worden. Mit Janukowitschs Wahlsieg 2010 kam er zurück und ist heute führender Spieler in der Chemie- und Titan-Industrie. Politisch hat sein Clan den Posten des Stabschefs besetzt, hat mit dem Energieminister das Sagen beim Gas und über den Vizepremier für europäische Integration, Walerij Choroschkowskij, Zugang zum Medienimperium von Choroschkowskijs Frau.

Ableger in Wien


Machtinstinkt bewies auch die dritte Gruppe – und zwar die Oligarchenbrüder Andrej und Serhij Kljujew, deren älterer Andrej Sekretär des Sicherheitsrates und Leiter des präsidialen Wahlstabs ist. Die Brüder haben einen Ableger ihres Konglomerats in Wien registriert – die Slav AG, die 2000 um die Bank Burgenland buhlte. Wie die „Ukrainskaja Pravda“ recherchierte, ist an derselben Adresse die Activ Solar registriert, die in der Ukraine den Bau von Solarkraftwerken betreibt. Galt vorher Klujews Schwiegersohn als Eigentümer von Activ Solar, so soll es jetzt ein Trust aus Liechtenstein sein, der auch Eigentümer von Janukowitschs Familienunternehmen ist.

Apropos „Familie“: Die oligarchischen Überflieger sind die Söhne des Präsidenten, vor allem der ältere Alexander. Neben seinen Bau- und Bankgeschäften hält er Anteile an den von anderen Oligarchen erworbenen Aktiva. Politisch machte er einen Langzeitfreund zum Zentralbankchef, einen Leibwächter zum Geheimdienstchef, und auch der Innenminister kommt aus der „Familie“.

Wer übrigens von den anderen Milliardären politisch nicht explizit auf Linie ist, sieht sich wie der zweitreichste Ukrainer Viktor Pintschuk durch internationale Kontakte geschützt oder hält sich zunehmend im Ausland auf.

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