Was die Hofburg-Wahl entscheidet

Alexander Van der Bellen, Irmgard Griss, Rudolf Hundstorfer, Andreas Khol, Norbert Hofer und Richard Lugner.
Alexander Van der Bellen, Irmgard Griss, Rudolf Hundstorfer, Andreas Khol, Norbert Hofer und Richard Lugner.(c) APA/HANS PUNZ
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Alte Kandidaten mit neuem Image, ein diffuser Regierungsmalus als Wahlmotiv, (un)gewohnte Perspektiven in den Kampagnen. Und im TV-Studio werden die Karten nun möglicherweise neu gemischt.

Wien. Der Bundespräsidentschaftswahlkampf geht ins Finale. Was ihn bisher geprägt hat – und was ihn vielleicht noch ändern könnte. Eine Analyse in vier Punkten.

Das Fernsehen

Die TV-Konfrontationen im ORF – am Donnerstag die Zweierduelle, am kommenden Donnerstag die „Elefantenrunde“ – und deren Rezeption könnten die Karten noch neu verteilen. Dafür spricht auch die große Anzahl an Unentschlossenen in den Umfragen. Denn abgesehen von den bisherigen Fernsehauftritten etwa in der „Pressestunde“ oder im Privat-TV: Viele Wähler konnten sich noch nicht wirklich ein Bild von den Hofburg-Anwärtern machen. Alexander Van der Bellen, den früheren Grünen-Chef, haben sie nun jahrelang nicht mehr gesehen. Andreas Khol, zuletzt Seniorenbundobmann, auch nur sporadisch. Norbert Hofer, den Dritten Nationalratspräsidenten, und Irmgard Griss, die ehemalige OGH-Präsidentin, haben sie bis vor Kurzem wahrscheinlich überhaupt noch nie im TV gesehen. Lediglich Rudolf Hundstorfer hatte als Sozialminister eine gewisse Präsenz.

Die Regierung

Ein Motiv, das sich bisher zeigt: Die Unzufriedenheit mit der Regierung schlägt auch auf die Präsidentschaftswahl durch. Die Kandidaten der Oppositionsparteien, Van der Bellen (Grüne), Hofer (FPÖ) und Griss (gewissermaßen Neos), liegen in fast allen Umfragen voran. Es handelt sich hierbei eher um eine diffuse Unzufriedenheit. Denn gerade jetzt, im Zuge der Flüchtlingskrise, hat die rot-schwarze Regierung so entschlossen und geschlossen gehandelt wie überhaupt noch nie. Doch einen Bonus dafür scheint es nicht zu geben. Wobei es den grundsätzlichen Regierungsmalus ohnehin schon länger gibt. Selbst unter Schwarz-Blau ist die Verdrossenheit über die Regierenden groß gewesen. Was nun jedoch noch weiter abgenommen hat, ist die traditionelle Verbundenheit mit den bisherigen Großparteien. Die Zeiten, in denen man einfach den SPÖ-Kandidaten wählt, weil die Familie immer sozialdemokratisch gewählt hat, sind vorbei.

Die Kandidaten

Dafür sind freilich auch die Kandidaten verantwortlich. Da wäre einmal Andreas Khol: Dieser macht – nach dem Motto „Eh schon wurscht, Augen zu und durch“ – eigentlich einen fulminanten Wahlkampf: So viele Hände geschüttelt wie er hat wahrscheinlich kein anderer. Und sein Image vom konservativen Zuchtmeister hat er richtiggehend lustvoll mit jeder Menge Ironie und Humor zerstört. Nur: Er ist, wiewohl fachlich sicher qualifiziert, eben kein Sympathieträger. Und manchen vielleicht auch schon zu alt.

Das gilt möglicherweise auch für Alexander Van der Bellen. Dieser kommt jedoch sympathischer rüber. Er profitiert im Wesentlichen davon, als Politiker abseits der Parteipolitik durchzugehen. Als abwägender Professor, für den man sich auch im Ausland nicht genieren braucht. Wenn er gewinnt, dann allerdings sicher nicht wegen seiner Performance als Wahlkämpfer.

Relativ unbekümmert und frisch kam die Quereinsteigerin Irmgard Griss mit der Anti-Establishment-Attitüde daher. Für ihre Unerfahrenheit auf dem Politparkett büßte sie jedoch nach diversen Interviews, die gegen sie verwendet wurden. Rudolf Hundstorfer, als vorheriger Minister der Kandidat des Establishments, bemüht sich zwar nach Kräften. Über das eigene Lager hinauszustrahlen gelang ihm bisher jedoch kaum. Ein solider, keineswegs mitreißender Wahlkampf. Dem FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer wiederum gelang es bisher überraschend gut, sein Image als sympathisches Gesicht der FPÖ beizubehalten – wiewohl es von ihm auch ungewohnte rauere Töne gab. Auch am heiklen NS-Thema anzustreifen oder damit in Verbindung gebracht zu werden, konnte er bisher vermeiden. Damit hatten vielmehr Irmgard Griss oder Andreas Khol zu kämpfen.

Die Kampagnen

Jene der ÖVP musste ein zweites Mal aufgesetzt werden. Und die Plakate wirken auch nun relativ altbacken. Die FPÖ blieb ihrer bisherigen Linie in Wort und Bild ebenfalls treu. In der Anmutung am modernsten – mit ungewohntem Heimatmotiv – erscheint Van der Bellens Plakatkampagne. Gefolgt von jener von Irmgard Griss. Rudolf Hundstorfer wiederum setzte im Internet Akzente: Seine Videos, vor allem jenes über Herkunft und Werdegang, waren viel beachtet.

AUF EINEN BLICK

Am 24. April findet die Wahl zum Bundespräsidenten statt. Kommt es zu einer Stichwahl, dann wird es diese am 22. Mai geben. Rund 6,4 Millionen Österreicher sind wahlberechtigt. Die Hofburg-Wahl entscheidet sich wohl in den vier großen Bundesländern: im roten Wien, im schwarzen Niederösterreich und in Oberösterreich und der Steiermark, wo bei den Landeswahlen 2015 die FPÖ sehr stark abgeschnitten hat. Ungeduldige Wähler können ihre Stimme bereits abgeben: Die Gemeindeämter stellen schon Wahlkarten aus, und mittels Briefwahl kann sofort abgestimmt werden.

Die Wahlkarten müssen entweder per Post (portofrei) an die Bezirkswahlbehörde gesendet oder können auch dort abgegeben werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2016)


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