Hofburg: Neue Wähler, neuer Kleber, neuer Präsident

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Was tun mit der Wahlkarte, wenn man sie schon erhalten hat? Wer darf aller am 4. Dezember votieren? Und ist der neue Präsident wegen der Verschiebung dann kürzer im Amt? Zehn Fragen und Antworten zur Wahl.

Wien. Was liegt, das pickt. Was für Spielkarten gelten mag, hat neuerdings weder für Wahlkarten noch für Wahltermine Gültigkeit. Statt am 2. Oktober soll nun am 4. Dezember die Kür des neuen Bundespräsidenten an Österreichs Wahlurnen stattfinden. Die Verschiebung kurz vor dem geplanten Wahltermin wirft einige Fragen auf.

1 Kann ich mit einer bereits erhaltenen Wahlkarte nun auch am 4. Dezember wählen?

Nein. Wer am 4. Dezember per Brief oder Wahlkarte votieren möchte, muss die Unterlagen neu bestellen. Der Stimmzettel muss anders datiert werden, und es kommen am 4. Dezember andere Wahlkuverts zum Einsatz. Diese bieten weniger Datenschutz, so werden Name, Geburtsdatum und Unterschrift des Wählers auf der Wahlkarte stehen und nicht mehr von einer Lasche verdeckt sein. Dafür soll der neue Kleber halten und die einfacheren Kuverts ohne Klebelasche nicht so leicht aufgehen.

Der mangelnde Datenschutz ist aber nur für die Dauer des Postwegs ein Problem. Die Wahlbehörde selbst muss die in den Wahlkuverts enthaltenen Stimmzettel weiterhin herausnehmen und mit anderen zusammen auszählen, sodass das Wahlgeheimnis gewahrt bleibt.

2 Dann kann ich ja meine Wahlkarte für den 2. Oktober schon wegwerfen, oder?

Besser noch nicht. Zwar hat der Nationalrat am Dienstag alles in die Wege geleitet, um den Urnengang verschieben zu können. Bis das Gesetz in Kraft tritt (planmäßig rund um den 26. September) gilt aber noch der Wahltermin 2. Oktober. Und es wäre ja möglich, dass der neue Wahltermin doch nicht fixiert wird. Etwa, weil der Nationalrat das Gesetz schließlich doch nicht beschließt oder der Bundesrat ein Veto einlegt. Dann müsste am 2. Oktober gewählt werden. Realistisch ist es freilich nicht, dass der neue Wahltermin noch scheitert. Aber das hieß es ja vor einer Woche auch noch über eine Verlegung der Wahl.

Gemeinden müssen bis auf Weiteres auch Wahlkarten für den 2. Oktober ausstellen, wenn Bürger dies wollen. Und defekte Wahlkarten umtauschen. Ist der neue Wahltermin freilich einmal fixiert, ist die Wahlkarte nutzlos.

3 Was passiert mit Wahlkarten, die bereits ausgefüllt und abgeschickt wurden?

Die Bezirkswahlbehörden haben nach Inkrafttreten der Novelle die Aufgabe, alle schon eingelangten Wahlkarten zu vernichten. Sobald das neue Gesetz gilt, werden auch keine neuen Wahlkarten für den 2. Oktober mehr ausgestellt.

4 Ich werde vor der Wahl noch 16 Jahre alt. Darf ich nun wählen?

Aller Voraussicht nach: ja. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis zur Wahlaufhebung zwar erklärt, dass die alten Wählerverzeichnisse aus dem Frühjahr wiederverwendet werden müssen. Denn es handelt sich um eine Wahlwiederholung. Mittels Verfassungsgesetz kann die Politik aber trotzdem noch eingreifen.

Und genau das sieht der Vier-Parteien-Antrag von SPÖ, ÖVP, Grünen und Neos vor. Demnach sollen alle Österreicher bei der Hofburg-Wahl votieren dürfen, die spätestens am Wahltag 16 werden. Man rechnet damit, dass die Aktualisierung des Wählerverzeichnis rund 49.000 neue Wähler bringt. Dem stehen ungefähr 45.000 Sterbefälle seit dem Frühjahr gegenüber.

5 Kann man nun auch neu kandidieren, wenn man vor der Wahl 35 Jahre alt wird?

Nein, das ist im Gesetz nicht vorgesehen und würde auch die Stichwahl endgültig ad absurdum führen. Wer das Mindestalter für das Dasein als Bundespräsident (35 Jahre) gerade erst jetzt erreicht, muss auf die nächste Hofburg-Wahl hoffen, die dann planmäßig im Jahr 2022 stattfindet.

6 Hat der nächste Bundespräsident wegen der Wahlverschiebung eine kürzere Amtsperiode?

Nein. Der künftige Bundespräsident ist mit dem langen Wahlkampf schon genug gestraft, seine Amtsperiode wird deswegen nicht auch noch gekürzt. Sie beträgt wie bei jedem Bundespräsidenten volle sechs Jahre. Mit der Konsequenz, dass künftig Präsidentenwahlen immer im Dezember stattfinden, solange nichts Außergewöhnliches passiert (Tod, Abdanken oder Absetzung des Präsidenten durch Volksabstimmung).

7 Wird der neue Bundespräsident schon eine Neujahrsansprache halten können?

Etwa eineinhalb Wochen nach dem Urnengang stellt die Bundeswahlbehörde das amtliche Endergebnis fest. Ab dann können die Zustellungsbevollmächtigten der beiden Kandidaten die Wahl innerhalb von einer Woche beim Verfassungsgerichtshof anfechten. Tut dies niemand, kann der neue Bundespräsident angelobt werden.

Somit ginge sich die Angelobung eigentlich vor dem Jahreswechsel aus. Wahrscheinlicher ist aber, dass sie erst im neuen Jahr stattfinden wird, weil Staatsgäste geladen werden müssen und rund um die Weihnachtsfeiertage die Politik eher stillsteht. Nichts würde aber einen gewählten, aber noch nicht angelobten Bundespräsidenten daran hindern, eine Neujahrsansprache zu halten. Für diese gibt es keine gesetzliche Regelung.

8 Kann die Wahl noch ein weiteres Mal verschoben werden?

Grundsätzlich wäre es möglich, die Wahl per Gesetz noch einmal zu verschieben. Etwa, weil die Wahlkarten wieder ungewollt aufgehen. An dieses Horrorszenario will man aber momentan nicht denken.

9 Nach wie vielen Wahlverschiebungen könnte Heinz Fischer wieder kandidieren?

In sozialen Netzwerken wird der Ruf danach laut, dass nach all den Problemen Heinz Fischer wieder das Amt in der Hofburg übernehmen soll. Ist man zwei Amtsperioden Bundespräsident gewesen, ist laut Verfassung eine Wiederwahl für die unmittelbar folgende Funktionsperiode nicht zulässig. Es geht also um Funktionsperioden, nicht um Wahlen. Erst wenn ein neuer Bundespräsident einmal im Amt war, könnte Fischer wieder als Staatsoberhaupt kandidieren. Vor hat er das ohnedies nicht.

10 Was bedeutet es für die Praxis, dass es weiterhin keinen Bundespräsidenten gibt?

Die Stelle des Bundespräsidenten gilt bereits seit 8. Juli als „dauernd erledigt“, wie es in der Verfassung so schön heißt. Die Vertretung kommt nun noch länger den drei Nationalratspräsidenten zu. Solange es nur um das Unterschreiben von Gesetzen geht, ist das kein großes Problem. Sollte aber eine Krise in der Regierung ausbrechen, würde sich das Fehlen eines Bundespräsidenten bemerkbar machen. All seine Kompetenzen (Entlassung der Regierung, Neuernennung) müssten dann auch von den Nationalratspräsidenten ausgefüllt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2016)

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