Mehrheit für Schwarz-Gelb, Debakel für SPD, Rekordergebnis für FDP

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Angela Merkel bleibt Kanzlerin - die Union bleibt stärkste Kraft, auch Merkels Wunschkoalition mit der FDP geht sich aus. Die SPD erzielt das schlechteste Ergebnis der Nachkriegsgeschichte. Stark abgeschnitten hat die FDP.

Angela Merkel wird weiter deutsche Kanzlerin bleiben. Bei der Bundestagswahl am Sonntag wurde die Union wieder stimmenstärkste Fraktion im Bundestag. Ein sensationelles FDP-Ergebnis bei der Bundestagswahl sichert Merkel trotz des schlechtesten Abschneidens der Union seit 60 Jahren das Bündnis mit ihrem Wunschpartner. Nach vier Jahren großer Koalition wird Deutschland künftig erstmals seit 1998 wieder schwarz-gelb regiert. Die SPD mit Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier erlebt ein beispielloses Debakel und muss nach elf Jahren an der Macht zurück in die Opposition. 

Mit Überhangmandaten wird Schwarz-Gelb über eine klare Parlamentsmehrheit von 332 gegenüber 290 Mandaten für Rot-Rot-Grün verfügen. Die Mehrheit im 17. Bundestag liegt bei 308 Sitzen.

Die Union bleibt laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis mit 33,8 Prozent stärkste Kraft. Die FDP konnte sich am Sonntag noch stärker als erwartet auf 14,6 Prozent verbessern. Die SPD erzielte mit 23 Prozent das schlechteste Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik. Die Linke kommt mit 11,9 Prozent zu einem starken zweistelligen Ergebnis. Die Grünen werden ebenfalls zweistellig, verfehlen aber mit 10,7 Prozent ihr Ziel, drittstärkste Kraft zu werden.

Endergebnis

Freude bei Merkel

Angela Merkel hat sich erfreut über die Chance einer "schwarz-gelben" Koalition gezeigt. "Wir haben etwas Tolles geschafft. Wir haben es geschafft, unser Wahlziel zu erreichen, eine stabile Mehrheit in Deutschland zu schaffen in einer neuen Regierung", sagte die CDU-Chefin. Sie wolle dennoch Kanzlerin aller Deutschen sein.

Merkel ging von strittigen Koalitionsverhandlungen mit der FDP aus. "Wir werden über einige Punkte natürlich auch streiten müssen", sagte sie in der "Berliner Runde" von ARD und ZDF. Sie wolle aber "schnell und zügig verhandeln". Merkel und Westerwelle kündigten an, ihre Wahlprogramme, die zum Beispiel in der Frage des Umfangs von Steuersenkungen kontrovers sind, durchsetzen zu wollen. Westerwelle wertete das FDP-Abschneiden als "herausragend".

Katzenjammer bei der SPD

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hat seine Niederlage bei der Bundestagswahl eingestanden. "Das ist ein bitterer Tag für die SPD", sagte der Außenminister am Sonntagabend in Berlin. "Das ist eine bittere Niederlage." Steinmeier kündigte an, Fraktionschef im Bundestag und damit Oppositionsführer zu werden. SPD-Chef Franz Müntefering legte sich nicht fest, ob er sich beim Parteitag im November zur Wiederwahl tellen wird.

FDP-Chef Guido Westerwelle hat hoch gepokert und auf ganzer Linie gewonnen: Mit der ebenso klaren wie umstrittenen Koalitionsaussage zugunsten der Union hatte er alles auf eine Karte gesetzt, nun sind seine Liberalen der strahlende Sieger des Wahlabends.

"Zehn plus x" hieß das Ziel der Linken. Geworden sind es fast 12 Prozent. Oskar Lafontaines Partei konnte sich mit diesem Wahlerfolg auch als fixe Kraft im deutschen Parteienspektrum etablieren - obwohl sie in dieser Form zum ersten mal bundesweit angetreten ist.

Von ihren drei Wahlzielen haben die Grünen nur eines erreicht: Sie ziehen mit einem zweistelligen Ergebnis in den nächsten deutschen Bundestag ein. Aber weder ist es ihnen gelungen, dritte Kraft zu werden, noch Schwarz-Gelb zu verhindern. Die Grünen feierten ihr Ergebnis von 10,7 Prozent - das bisher beste bei einer Bundestagswahl - dennoch überschwänglich. Spitzenkandidat Jürgen Trittin kündigte bei der Feier im Berliner Postbahnhof am Sonntagabend "knallharte Opposition" an.

Niedrige Beteiligung

Mit 70,8 Prozent ist die Beteiligung an Bundestagswahlen am Sonntag auf ihren historischen Tiefstand gesunken. Die 77,7 Prozent des Jahres 2005 wurden noch einmal deutlich unterboten. Nur noch rund 44 Millionen der gut 62 Millionen Wahlberechtigten gaben ihr Votum ab.

Mit der Beteiligung an Bundestagswahlen geht es seit fast drei Jahrzehnten tendenziell bergab. Nach einem furiosen Wahlkampf pro und kontra Ostpolitik gab 1972 die Rekordzahl von 91,1 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. 

Rund 62,2 Millionen Deutsche waren zur Wahl des 17. Deutschen Bundestags aufgerufen. Um die Stimmen bewarben sich 27 Parteien mit Landeslisten. Erwartet worden war, dass diesmal den Überhangmandaten in den Wahlkreisen eine entscheidende Rolle zukommen könnte. Um diese Mandate wächst die Zahl der an sich 598 Bundestagsabgeordneten, wenn Parteien in Bundesländern mit der Erststimme mehr Wahlkreise direkt erobern, als ihnen nach dem Zweitstimmenergebnis Sitze zustehen. Experten hatten vorausgesagt, dass diesmal vor allem die CDU davon profitieren wird.

(Red.)

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