Die Krise im Film: In der europäischen Beziehungskiste

„A Very European Break Up“
„A Very European Break Up“(c) Econ Film
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Eine achtminütige Satire über Europas Malaise wird zum Renner auf YouTube. Regisseur Bob Denham erzählt der „Presse“, wie es dazu kam.

Brüssel. Es läuft nicht gut zwischen Germaine und Greco: Sie, die zackige Deutsche im Businesskostüm, läuft sich Tag für Tag die Schuhabsätze dünn, um all die Rechnungen zu bezahlen, die den Postkasten zu überfüllen drohen. Er, der Grieche, fühlt sich dafür in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt, wenn sie ihm wieder einmal vorhält, dass er den ganzen Tag nur auf der Couch vor sich hin träumt. Und zu allem Überdruss mischen sich auch noch die Nachbarn ein: Esmeralda, die flockige spanische Yoga-Lehrerin von nebenan, hält Germaine vor, dass für sie immer nur Geld, Geld, Geld zähle. George hingegen, der slicke britische Yuppie, stellt Germaine die entscheidende Frage: Bist du wirklich sicher, dass ihr zusammenbleiben wollt?

Was sich hier in knappen acht Minuten unter dem Titel „A Very European Break Up“ in einer Londoner Wohnung abspielt, ist auf der Internet-Filmplattform YouTube ein kleiner Knüller geworden. Mehr als eine Viertelmillion Mal wurde der Film bereits angesehen, seit ihn sein Produzent und Regisseur Bob Denham vor zwei Wochen veröffentlicht hat.

„Bis zum Erbrechen wiederholt“

„Ich bin selber überrascht, wie positiv die Reaktionen waren. Wir waren im griechischen Fernsehen, in der ,Welt‘, auf n-tv. Das liegt wohl daran, dass viele ganz gewöhnliche Leute diesen Film anschauen – Leute, die nicht jeden Tag die ,Financial Times‘ oder das ,Handelsblatt‘ lesen“, sagt Denham im Gespräch mit der „Presse“.

Der Engländer ist ein typischer Vertreter jener Generation junger Europäer, die vermutlich so gut ausgebildet sind wie keine zuvor, denen die Wucht der Finanzkrise aber herkömmliche Karrierewege weggespült hat: Er hat in Bristol Wirtschaft studiert, danach für IBM und die Investmentbank Merrill Lynch gearbeitet, in Spanien gelebt und die sozialen und wirtschaftlichen Verheerungen aus nächster Nähe beobachtet, und jetzt macht er kleine Filme fürs Internet, die wirtschaftliche Themen begreifbar machen sollen.

„Die Wirtschaft ist nun einmal die größte Story in Town“, sagt Denham. „Was derzeit in Europa passiert, scheint sich bis zum Erbrechen zu wiederholen. Das ist so, wie wenn man als kleines Kind seinen Eltern beim Streiten zuhört und sich fragt: Wieso können die sich nicht einfach vertragen?“

Für „A Very European Break Up“ hat Denham den Streit in der Eurozone holzschnittartig skizziert: Die Deutsche Germaine ist eine blond-blauäugige Furie, der Grieche Greco ein verschlurfter Levantiner mit Dackelblick und Matrosenhemd. Aber um subtile Charakterzeichnung oder cineastische Meisterschaft kann es bei einem Projekt, das Denham aus eigener Tasche beziehungsweise mit Unterstützung seiner Eltern finanziert und in seiner eigenen Wohnung gefilmt hat, natürlich nicht gehen: „Ich wollte, dass die Schauspieler ihre eigene jeweilige nationale Haltung einbringen. Es ist ja auch viel besser, wenn sie selber über die Lage in ihrem eigenen Land Spaß machen können.“

„Was alle in Europa betrifft“

Und so spielt den Griechen ein Grieche, die Deutsche eine Deutsche und die Spanierin eine Spanierin. Die Musik hat übrigens der Deutsch-Grieche Markos Mühlschlegel-Triantafyllou zusammengestellt. Er studiert derzeit in Wien an der Universität für Musik und Darstellende Kunst.

Ob und wie Germaine und Greco ihre Beziehungskiste aufräumen, sei hier nicht verraten. Nur so viel: Es hat mit Buchstabensuppe und AAA-Batterien zu tun. Ideen für eine Fortsetzung hat Denham einige, ein Budget aber noch nicht: „Ich suche Leute, die das unterstützen würden.“ Interesse an einer Fortsetzung gebe es bestimmt, meint er: „Das ist nämlich ein Thema, das alle in Europa betrifft.“

Auf einen Blick

Der Internet-Film „A Very European Break Up“ ist binnen zwei Wochen zu einem Knüller auf YouTube geworden. Anhand der Beziehungsprobleme des deutsch-griechischen Paares Germaine und Greco handelt der englische Filmemacher Bob Denham den Zwist in der Eurozone ab.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.europeanbreakup.eu

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2012)

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