„Unsicherheit über Londons Kurs belastet Wirtschaft“

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Koalitionspartner Clegg warnt vor negativen Auswirkungen der EU-Politik von Premier Cameron. Der kommt indessen in seiner eigenen Partei immer mehr unter Druck. Deutschlands Führung zeigt sich bereits irritiert.

London/Wien. Die angekündigte Grundsatzrede des britischen Premiers steht unter keinem guten Stern. Zuerst wollte er sie am 22. Jänner halten, an dem sich der deutsch-französische Aussöhnungsvertrag von 1963 zum 50. Mal jährt. Ein diplomatischer Fauxpas. Jetzt hat er die Rede zwar auf Freitag dieser Woche vorgezogen. Sie soll in Den Haag stattfinden. Doch der niederländische Premier Mark Rutte machte klar, dass er die Bühne nicht mit ihm teilen werde. David Cameron muss allein den verbalen Spagat zwischen einer EU-skeptischen Linie der Tories und einer zunehmend verunsicherten Wirtschaft versuchen.

48 Prozent seiner Parteifreunde wollten laut einer jüngsten Umfrage, dass Cameron gleich ein Referendum über den Verbleib in der EU abhalten lässt. Der Premier will aber lediglich über ein neues Verhältnis zur Union abstimmen lassen. Sein Koalitionspartner, der liberale Vizepremier Nick Clegg, zeigt sich zunehmend verärgert. Am Dienstag warnte er in einem BBC-Interview, dass sich die Unsicherheit über die künftige EU-Rolle des Landes zur Belastung für die britische Wirtschaft entwickle. Camerons Pläne für eine Neuverhandlung der Beziehungen drohten diese Phase noch zu verlängern.

Tatsächlich wollen die EU-Partner es dem britischen Premier, der zuletzt wichtige EU-Entscheidungen blockiert hatte, nicht zu leicht machen. Deutschlands Regierung zeigt sich über Cameron zunehmend verärgert. Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte erst am Montag mit dem Regierungschef, um ihn zum Einlenken in der offenen Frage des künftigen EU-Budgets zu bewegen.
Berlin signalisiert der britischen Regierung, dass es eine Schmerzgrenze bei den Forderungen nach neuen Beziehungen zu den EU-Partnern gebe. „Dann sollen sie gleich ganz draußen bleiben“, werden Regierungsvertreter zitiert.

Auch aus der eigenen Partei kommen Warnungen, das Spiel nicht zu weit zu treiben. Der ehemalige Vizepremier Michael Heseltine hält Verhandlungen über die Renationalisierung von EU-Kompetenzen für einen gefährlichen Selbstläufer. „Man sollte nie einen Raum betreten, ohne zu wissen, wie man ihn wieder verlässt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2013)

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