Die Reaktionen auf das erstinstanzliche Urteil fallen unter Strassers ehemaligen Kollegen großteils positiv aus.
Strassburg/Wien/Aga. „Große Befriedigung“ über das vergleichsweise hohe Strafausmaß im Fall Ernst Strasser herrscht nach Worten der Grünen-Delegationsleiterin Ulrike Lunacek bei dessen ehemaligen Kollegen im Europaparlament in Straßburg. Bei der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils habe es im Plenum großen Applaus gegeben. Ob dieser auch vonseiten der Konservativen gekommen sei, konnte Lunacek nicht sagen. Strassers ehemaliger Kontrahent in der ÖVP-Delegation, Othmar Karas, wollte sich jedenfalls – noch – zu keiner Erklärung hinreißen lassen: „Ein nicht rechtskräftiges Urteil kommentiere ich nicht“, so Karas. Jedenfalls seien nach dem Vorfall mit Strasser im EU-Parlament aber die entsprechenden Konsequenzen gezogen worden.
In Wien gab sich Vizekanzler ÖVP-Obmann Michael Spindelegger am Rande des Ministerrats ebenfalls zugeknöpft. „Wir haben vor zwei Jahren mit Strasser gebrochen, er ist nicht mehr Teil unserer Gesinnungsgemeinschaft.“
Der SP-Delegationsleiter im EU-Parlament, Jörg Leichtfried, verwies darauf, dass die Ansprüche von EU-Abgeordneten „unvergleichbar höher als in anderen gesetzgebenden Körperschaften“ seien. Interessant sei auch die Argumentation des Richters, dass es sich bei Strasser nicht um einen „Dorfbürgermeister, sondern um einen EU-Abgeordneten“ gehandelt habe. Im Vergleich zum EU-Parlament gebe es in Österreich leider noch keine einheitliche Rechtskultur, zeigte sich Leichtfried besorgt. „Wir haben uns selbst strenge Regeln auferlegt. Daher sind Nebengeschäfte europäischer Abgeordneter viel leichter nachzuvollziehen als jene österreichischer Abgeordneter“, pflichtete seine Kollegin Evelyn Regner bei. Auch Lunacek betonte, dass „Amtsgeschäfte auf EU-Ebene viel deutlicher gefasst“ seien als in Österreich.
Für Mölzer ist das Urteil „schon hart“
Dennoch entsteht – nach Schätzungen der Kommission – durch Korruption EU-weit ein jährlicher Schaden von 120 Milliarden Euro. Der Eintrag in ein Lobbyistenregister müsse daher „für jeden Interessenvertreter verbindlich werden“, fordert Lunacek.
Andreas Mölzer (FPÖ) bezeichnete das Urteil gegen Strasser zwar als „schon hart“. Exemplarisch sei aber, dass „dieser plumpe Versuch“ bestraft worden sei.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2013)