„Befriedigende Antworten“ aus Budapest

(c) AP (Geert Vanden Wijngaert)
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Der Europarat attestiert der ungarischen Regierung Schritte „in die richtige Richtung“ bei der umstrittenen Neuordnung von Justiz und Medien.

Brüssel/Wien. Seit gut einem Jahr steht die ungarische Regierung wegen ihres Reformeifers im Justiz- und Medienbereich im Kreuzfeuer der internationalen Kritik. Zu schnell, zu unausgegoren, zu sehr auf den Machterhalt und zu wenig auf das demokratisch-institutionelle Gleichgewicht bedacht, so der Grundtenor der Mahner im In- und Ausland. Am Dienstag lieferte der Europarat seine Sicht der Dinge auf die Entwicklungen – und die Einschätzung von Generalsekretär Thorbjørn Jagland dürfte in Budapest mit Erleichterung aufgenommen worden sein: In Budapest gehen die Dinge demnach „in eine gute Richtung“.

Was die Justiz anbelangt, konzentrierte sich der Europarat bei seiner Bestandsaufnahme auf das vom Kabinett Viktor Orbán neu geschaffene Landesrichteramt, dessen Leiterin für neun Jahre installiert und mit der Befugnis ausgestattet wurde, Richter zu ernennen und zu versetzen. Der Europarat weist in seinem gestern veröffentlichten Bericht darauf hin, dass das ungarische Parlament nun die Entscheidungsfindung am Landesrichteramt überprüfen könne.

Auch hätten die Richter das Pouvoir erhalten, Entscheidungen des Richteramts vor dem Verfassungsgerichtshof beanstanden zu können. Und zu guter Letzt habe die Regierung, die im Budapester Parlament über die Verfassungsmehrheit verfügt, die Amtszeit des Chefs der Richterbehörde eingeschränkt – ihre jetzige Leiterin scheidet demnach mit dem Ablauf ihres Dienstvertrags automatisch aus und kann nicht, wie ursprünglich vorgesehen, mit einer parlamentarischen Eindrittelmehrheit auf unbestimmte Zeit verlängert werden.

Ganz unkritisch wollte der Europarat offensichtlich doch nicht erscheinen. Für Budapest gab es auch Tadel – wenn auch leisen: Die Regierung habe ihren Beschluss, Richter mit 62 Jahren in den Ruhestand zu schicken, nicht rückgängig gemacht, obwohl der EuGH Ungarn im November 2012 wegen „nicht gerechtfertigter Diskriminierung aufgrund des Alters“ verurteilt habe. Die ungarische Seite wiederum argumentiert, viele Richter in Ungarn seien vor dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 sozialisiert worden und daher für die Amtsausübung in einer Demokratie nicht geeignet.

„Zivilgesellschaft“ eingebunden

Was den von der Regierung angestrebten Umbau der ungarischen Medienlandschaft anbelangt, so sei die Entscheidung, die Amtszeit des Leiters des Medienrats und der nationalen Medienbehörde auf maximal neun Jahre zu beschränken, begrüßenswert – ebenso wie das Zugeständnis, dass bei künftigen Besetzungen Vertreter der „Zivilgesellschaft“ eingebunden werden sollen. Alles in allem, so Jaglands Fazit, habe Budapest „befriedigende Antworten“ geliefert und „signifikanten Fortschritt“ erzielt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2013)

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