Bootsflüchtlinge: Maltas Regierung ruft die EU um Hilfe

Maltas Regierung ruft Hilfe
Maltas Regierung ruft Hilfe(c) REUTERS (DARRIN ZAMMIT LUPI)
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Premierminister Joseph Muscat sieht angesichts von rund 2000 Asylwerbern in den vergangenen zwölf Monaten die Toleranzschwelle erreicht.

Brüssel. „Leere Floskeln von Solidarität genügen nicht mehr“ – mit diesen Worten hat Maltas neuer Regierungschef, Joseph Muscat, am Montag von der Europäischen Union Hilfe angefordert, um mit dem Ansturm von Bootsflüchtlingen aus Nordafrika auf die Mittelmeerinsel fertig zu werden. Angesichts von rund 2000 Flüchtlingen, die in den vergangenen zwölf Monaten auf Malta gelandet sind, sei die Toleranzschwelle der maltesischen Bevölkerung erreicht – „auf die Einwohnerzahl umgelegt würde das einer Million Migranten in Deutschland entsprechen“, sagte der seit März amtierende Sozialdemokrat gestern in Rom.

Muscat war nach Italien gereist, um mit seinem Kollegen Enrico Letta die Flüchtlingsproblematik im Mittelmeer zu erörtern. Auch die italienische Insel Lampedusa ist regelmäßig das Ziel von Flüchtlingsbooten – „allerdings geht es Italien besser als Malta“, denn Lampedusa sei vom italienischen Festland weit entfernt, sagte Muscat. Nach offiziellen Angaben aus Valletta kommen auf 1000 Malteser 21,7 Asylwerber – ein europäischer Spitzenwert.

Strengere Regeln gefordert

Muscat, der vor wenigen Tagen gegenüber der Nachrichtenagentur Ansa von einem Notstand im Mittelmeer gesprochen hatte, fordert von Brüssel eine Neuregelung der Einwanderungsgesetze, außerdem solle das benachbarte Libyen dazu gebracht werden, den Bootsverkehr zu unterbinden – nach Ansicht Vallettas sind kriminelle Organisationen in die Verschiffung von Migranten nach Europa verwickelt. Auch die Aufteilung der Asylwerber auf alle 28 EU-Länder ist für den maltesischen Regierungschef eine Option.

In welche Richtung die Reform der EU-Einwanderungsregeln gehen soll, präzisierte Muscat zwar nicht – doch angesichts des jüngsten Zwists zwischen Malta und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte lässt sie sich erahnen: Anfang Juli blockierte die Straßburger Behörde die Abschiebung von 45 Flüchtlingen nach Libyen – offenbar sind sie von den maltesischen Beamten daran gehindert worden sein, um Asyl anzusuchen. Die Richter gaben Valletta Zeit bis Ende Juli, um auf den Vorwurf zu antworten. Der Vorfall rief auch die EU-Kommission auf den Plan: Brüssel werde „alle Mittel einsetzen, um sicherzustellen, dass alle Unionsmitglieder ihren Verpflichtungen (hinsichtlich der Gewährung von Asyl, Anm.) nachkommen“, ließ die für Inneres zuständige Kommissarin Cecilia Malmström wissen. Außerdem stehe der EU-Grenzschutz Frontex bereit, Malta zu unterstützen.

Ob diese Hilfe benötigt wird, muss sich allerdings erst weisen. Denn nach Angaben der UN-Flüchtlingsbehörde UNHCR wurden im ersten Halbjahr 2013 rund 600 Asylwerber auf Malta registriert – was unter dem Durchschnitt der vergangenen Jahre liegen würde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2013)

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