Juncker schlägt Barnier knapper als erwartet

Juncker
Juncker(c) REUTERS
  • Drucken

Europas Konservative wählten ihren EU-Spitzenkandidaten und sandten eine Botschaft nach Moskau: Man stehe geschlossen hinter der Ukraine. Auch Timoschenko und Klitschko zeigten sich einig – zumindest vor dem Vorhang.

Dublin. ÖVP-Chef Michael Spindelegger hatte einen prominenten Platz ergattert. Er saß zwischen Jean-Claude Juncker und Julia Timoschenko in der ersten Reihe – während auf dem Podium Angela Merkel, Herman Van Rompuy und José Manuel Barroso den Vorsitz führten. Mit Timoschenko hatte er zuvor schon ein Vier-Augen-Gespräch geführt. Juncker durfte er dann zur Wahl des EU-Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei gratulieren.

Die 17 österreichischen Delegierten beim EVP-Kongress im Convention Center von Dublin hatten geschlossen für den vormaligen Luxemburger Premier gestimmt. Er erhielt letztlich 60 Prozent der Stimmen. Weniger als erwartet.

Juncker hatte im Vorfeld kaum Wahlkampf betrieben. Im Gegensatz zu seinem Gegenkandidaten Michel Barnier, dem EU-Binnenmarktkommissar, der alle konservativen EU-Parteichefs persönlich kontaktiert hatte. Barnier wirkte in seiner Wahlrede vor den Delegierten auch frischer als Juncker, dessen Trumpf allerdings eine dreisprachige Rede, in Deutsch, Französisch und Englisch, war.

Juncker wurde von Deutschland unterstützt. Barnier von Frankreich, aber auch Parteichefs wie der umstrittene ungarische Premier Viktor Orbán hatten ihm ihre Wahlhilfe versichert. Als Wackelkandidaten galten die Spanier, die eine sehr große Delegation stellten und sich intern lang nicht einig waren, wen sie unterstützen sollten.

Putins „Völkerrechtsbruch“

Die Botschaft des Tages richtete sich allerdings nach Moskau: Sämtliche Redner betonten, dass die Europäische Volkspartei an der Seite der Ukraine stünde. Der polnische Premierminister Donald Tusk sprach von der größten Bewährungsprobe der EU. Einen „Völkerrechtsbruch“ nannte der CDU-EU-Abgeordnete Elmar Brok das Vorgehen Russlands.

Bereits am Vorabend hatten Julia Timoschenko und Vitali Klitschko an ihre Gesinnungsfreunde in Dublin appelliert, die Ukraine nicht im Stich zu lassen. Demonstrativ waren die beiden im Convention Center Seite an Seite gesessen. Allerdings: Hinter den Kulissen wurden dann doch die bestehenden Divergenzen offenbar. Zum Abendessen der Parteichefs der europäischen Volksparteien erschien zuerst Timoschenko und erst, als sie weg war, kam Klitschko.

Gleich nach Donald Tusk durfte Michael Spindelegger das Wort ergreifen: Er lobte Irland als herausragendes Beispiel dafür, wie man einen Ausweg aus der Krise finden kann. „Wir von der Europäischen Volkspartei sind diejenigen, die wissen, wie man aus der Krise herauskommt.“ Den Populisten von links und rechts müsse man Paroli bieten. In Bezug auf die Ukraine sei das Wichtigste nun die Einheit der Europäer.

Viktor Orbán: EU statt USA

Sein Nachredner, Viktor Orbán, rief die Europäer dazu auf, selbst der Ukraine geschlossen beizustehen „und nicht die stärkeren Jungs von ein paar Blocks weiter immer um Hilfe zu bitten“. Der Verstoß Russlands gegen das Völkerrecht dürfe nicht folgenlos bleiben. Und er lobte Kommissionspräsident Barroso für seinen Umgang mit der Eurokrise: Hätten Sozialisten oder Liberale die EU angeführt, den Euro würde es nicht mehr geben. Von den zwischen dem ungarischen Premier und seinen konservativen Kollegen aus den anderen europäischen Ländern herrschenden Dissonanzen war auf dem EVP-Kongress in Dublin nichts zu bemerken.

Bonos starker Auftritt

Einen starken Auftritt legte U2-Sänger Bono Vox als Gastredner hin: Er richtete einen leidenschaftlichen Appell für Europa an seine Zuhörer. Er lobte den Kapitalismus als „etwas Gutes“, der viele Menschen aus der Armut geholt habe, man dürfe nur keinen goldenen Käfig daraus machen. Und Angela Merkel rief er zu: „Sie sind die richtige Frau, die uns auf dem Weg zur ökosozialen Marktwirtschaft führt.“ Ökosoziale Marktwirtschaft sprach er auf Deutsch aus.

Und was sagte Angela Merkel? „Wir trauen den Menschen etwas zu. Wir sind nicht die, die glauben, dass alles der Staat machen muss.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Former Luxembourg PM Juncker delivers a speech in Dublin
Europa

Ein sozial-liberaler Christdemokrat

Jean-Claude Juncker ist kein Rechter und kein Linker. Er ist ein Europäer und ein Anti-Nationalist, für den die EU mehr ist als eine Wirtschaftsgemeinschaft.
Europa

Entscheidung in Dublin: Juncker Favorit, Barnier mit Restchance

Die Delegierten bestimmen ihren Spitzenkandidaten.
Dombrovskis, stolzer Besitzer eines Zehn-Euro-Scheins nach der Einführung der Gemeinschaftswährung zu Jahresbeginn
Europa

EVP-Spitzenkandidat: Dombrovskis gibt auf

Beim Kongress der Europäischen Volkspartei im irischen Dublin kommt es nun zum Duell zwischen Jean-Claude Juncker (Luxemburg) und Michel Barnier (Frankreich).

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.