Wie die EU das Auto reguliert

People pass row of Volkswagen e-Golf cars during company's annual news conference in Berlin
People pass row of Volkswagen e-Golf cars during company's annual news conference in Berlin(c) REUTERS
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Verpflichtende E-Call-Systeme zur Unfallortung und strengere CO2-Vorschriften sorgen bei Autobesitzern mitunter für Wirbel. Bei der Pickerlüberprüfung gibt es dafür Vereinfachungen.

Brüssel/Wien. „Ich will Spaß, ich geb Gas“ – was der deutsche Popsänger Markus 1982 besungen hat, gehört immer mehr der Vergangenheit an, denn der technologische Fortschritt schränkt die Freiheit auf vier Rädern sukzessive ein – und das zu Recht, wie viele meinen. Denn das Auto der Zukunft soll für mehr Sicherheit sorgen und zugleich den Fahrer entlasten.

An der Speerspitze dieses Trends steht nicht nur der Internetkonzern Google, der an einem fahrerlosen Pkw forscht, sondern auch die EU. Ende Februar stimmte das Europaparlament für die Einführung eines elektronischen Notrufsystems namens E-Call. Ab 2015 sollen demnach alle Neuwagen mit einem Kontrollgerät ausgerüstet sein, dass bei einem Unfall über die europäische Notrufnummer 112 automatisch um Hilfe ruft. Ob diese Frist hält, ist nicht klar, denn noch müssen die Mitgliedsländer der Union ihre Zustimmung geben. Schätzungen zufolge wird E-Call 2500 Menschenleben pro Jahr retten. Dass das System trotzdem kritisiert wird, liegt daran, dass das Herzstück von E-Call ein satellitengestütztes Ortungssystem ist, mit dem das verunfallte Fahrzeug lokalisiert werden soll – für grüne Europaabgeordnete ein Eingriff in die Privatsphäre. Die Grünen fordern, dass die Ortung nicht ständig aktiv sein soll, sondern sich erst bei einem Unfall einschaltet.

Werkstätte und Prüfer trennen

Die Bemühungen der EU um sicherere Autos kennen keine Grenzen, wie eine Kontroverse aus dem Vorjahr beweist. Der Verkehrsausschuss des EU-Parlaments schlug damals vor, dass Kfz-Werkstätten und -Prüfer künftig verpflichtend voneinander getrennt sein sollen. Eingebracht wurde dieser Antrag von einem CDU-Abgeordneten, der das deutsche System auf die gesamte EU übertragen wollte: In Deutschland dürfen lediglich Prüfdienste wie TÜV und Dekra das Kfz-Pickerl ausstellen, während beispielsweise in Österreich und Großbritannien die Reparaturwerkstatt des Vertrauens dafür zuständig ist.

Nach einem Aufschrei der österreichischen Europaabgeordneten wurde die Idee schließlich fallen gelassen.

Stattdessen hat das EU-Parlament in Straßburg diese Woche die Weichen für eine wesentliche Vereinfachung im Zusammenhang mit der Pickerlüberprüfung gelegt: Durch die Festlegung von Mindeststandards für regelmäßige Fahrzeugüberprüfungen soll es künftig für Pkw-Besitzer viel unkomplizierte sein, ihr Auto in einem anderen Mitgliedstaat anzumelden, weil die Prüfzeichen gegenseitig anerkannt werden.

Während in Österreich derzeit die 3-2-1-Regel gilt, ein Neuwagen also zunächst nach drei, dann nach zwei und später jedes Jahr überprüft werden muss, sind die EU-Standards mit der 4-2-2-Regel nicht ganz so streng festgelegt. Allerdings steht es jedem Mitgliedstaat frei, die strengeren Regeln auch weiter beizubehalten, heißt es aus dem EU-Parlament.

Und noch ein langwieriges Streitthema passierte in den letzten Wochen das Plenum der Bürgervertretung – zum Leidwesen vieler Autobauer und Liebhaber PS-starker Fahrzeuge: die strengeren Abgasnormen für Neuwagen. Da die deutsche Kanzlerin Angela Merkel im vergangenen Sommer einen ersten Entwurf der Regelung mit dem Verweis auf Nachteile für deutsche Fabrikanten wie Audi und BMW verhindert hat, muss die bisher für 2020 angepeilte Grenze von maximal 95 Gramm Kohlendioxidausstoß pro Kilometer nun erst ab 2021 gelten. Ab 2020 sollen 95Prozent der Pkw diese Bedingung erfüllen.

Die Reduktion der CO2-Emissionen wird jährlich 15 Millionen Tonnen Schadstoffe einsparen, schätzen Experten. Sollten alle 280Millionen in der EU zugelassenen Autos durch Neuwagen mit 95Gramm CO2-Ausstoß ersetzt werden, ergebe sich sogar eine Gesamtersparnis von 300Millionen Tonnen CO2 im Jahr.

AUF EINEN BLICK

Strengere Vorschriften im Umweltbereich gelten ab dem Jahr 2021 für alle Neuwagen: Diese dürfen dann nur noch einen Kohlendioxidausstoß von maximal 95 g/km haben. Wenig Freude haben viele Autoliebhaber auch mit dem kürzlich beschlossenen E-Call-System, das bei Unfällen automatisch über die europäische Notrufnummer um Hilfe ruft. Kritiker bemängeln einen Eingriff in die Privatsphäre durch das satellitengestützte Ortungssystem.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2014)

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