„Schengen-Erweiterung bringt Vorteile“

APA
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Innenminister Platter sagt, warum sich die Österreicher freuen können und wie illegale Einwanderung und organisierte Kriminalität überwacht werden sollen.

Die Presse: Müssen sich die Österreicher vor der Schengen-Erweiterung fürchten oder dürfen sie sich freuen?

Günther Platter: Die Österreicher können sich schon freuen. Die Schengen-Erweiterung bringt neue Möglichkeiten und Vorteile für die Wirtschaft. Ohne Grenzkontrollen gibt es keine Wartezeiten mehr.

Im Bereich der Sicherheit kommt natürlich eine Herausforderung auf uns zu. Mein Job ist es, alle Maßnahmen zu ergreifen, damit die größtmögliche Sicherheit auch künftig gewährleistet wird.

Es ist wichtig, dass wir hier unseren ganz klaren, restriktiven Kurs beibehalten; dass wir laut Schengen-Übereinkommen zwar keine direkten Grenzkontrollen mehr durchführen, dafür aber ganz intensiv Sicherheitsmaßnahmen und Kontrollen im grenznahen Raum.

Das Bundesheer mit seinen künftig 1500 Mann im Grenzbereich darf aber außer Zuschauen eigentlich nichts mehr machen.

Platter: Das Bundesheer wird auch in Zukunft ähnliche Aufgaben haben wie bisher an der Grenze. Im Hinterland, auf Nebenstraßen, auf Feldwegen wird es genaue Beobachtungen, unter anderem auch mit Wärmebildkameras, geben. Bei Auffälligkeiten oder auch wenn illegale Einwanderer gesichtet werden, wird sofort die Polizeistreife verständigt, die dann Sicherheitsmaßnahmen durchführt. Trotz Schengen-Erweiterung werden wir einen hervorragenden, zusätzlichen Sicherheitsgürtel haben.

Bis die Soldaten die Polizei verständigt haben und die eingetroffen ist, sind die Illegalen wahrscheinlich schon wieder weg?

Platter: Das geht sich sicher aus, weil wir im grenznahen Bereich ein ganz enges, dichtes Streifennetz haben werden. Mir geht es darum, der Bevölkerung das Gefühl der Sicherheit zu geben. Ab Herbst 2008 wird es dann eine Analyse geben, wie sich die Maßnahmen bewährt haben.

Außerdem haben sich die EU-Nachbarn intensivst auf die Kontrollen an den neuen EU-Außengrenzen vorbereitet. Wir haben sie dabei unterstützt, um wirklich einen perfekten Sicherheitsgurt zu haben. Auch das europäische Fahndungssystem wird uns helfen, alles im Griff zu behalten.

Welche Erfahrungen haben Sie denn bisher mit dem Fahndungssystem gemacht?

Platter: Wir haben schon im Probebetrieb sensationelle Erfolge erzielt. Mit den Eingaben aus den neuen Schengen-Staaten haben wir jetzt eine Million Fahndungsdaten mehr. Seit September konnten unsere Nachbarn auf Grund österreichischer Haftbefehle oder Fahndungseingaben bereits 35 Festnahmen durchführen. Umgekehrt gab es 14 Festnahmen in Österreich. Diese Erfolge hätten wir sonst nicht gehabt.

Wann wird es denn diese Sicherheitsanalyse geben? Und erstellt sie Österreich oder die EU?

Platter: Wir halten die Schengen-Kriterien ein, aber ich lasse mir nichts dreinreden, was die Sicherheit in Österreich angeht. Ab Oktober werden wir die Sicherheitssituation analysieren. Darauf aufbauend werden wir dann 2009 unsere Sicherheitsstruktur gestalten. Wir arbeiten mit Fakten und tatsächlichen Ergebnissen, nicht mit Prognosen oder Schätzungen.

Mit 1. Oktober 2008 soll doch der Assistenzeinsatz schon beendet sein.

Platter: Laut Ministerratsbeschluss soll der Assistenzeinsatz im Jahr 2008 durchgeführt werden. Aber je nach Ergebnis der Analyse, die wir mit 1. Oktober beginnen, kann man den Einsatz an die tatsächliche sicherheitspolitische Situation anpassen.

Wie messen Sie denn die Sicherheitslage in Österreich? An Illegalen, an Kriminalität?

Platter: Durch die Beobachtungen im grenznahen Raum sehen wir ja, ob sich die illegale Einwanderung vermehrt. Das ist uns wichtig: Illegalität vermeiden. Das zweite ist die Situation im Bereich der organisierten Kriminalität und Einbruchsdiebstähle. Aus diesen Anhaltspunkten werden wir sagen können, wie sich die sicherheitspolitische Situation verändert hat.

Und wenn Sie zu dem Schluss kommen, dass sich die Situation verschlechtert hat?

Platter: Das Einziehen der alten Schengen-Grenze wäre da wirklich die letzte Maßnahme. In der Zeit der Euro08 führen wir die Grenzkontrollen jedenfalls wieder ein. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass alles so drunter und drüber geht. Es gibt auch die Möglichkeit, die Grenzschutzagentur Frontex anzurufen und gemeinsam Maßnahmen zu überlegen. Ich möchte aber hier nicht mit Horrorszenarien argumentieren. Im Gegenteil: Ich gehe davon aus, dass wir die Sicherheit auf hohem Niveau weiter gewährleisten können.

Haben Sie schon eine klarere Vorstellung, was mit den 2500 Grenzpolizisten passieren wird, wenn die nicht mehr gebraucht werden?

Platter: Der Zweck des Beobachtungszeitraums ist zu erfahren, wie wir uns im Sicherheitsbereich genau aufzustellen haben. Jetzt ist es etwas zu früh, zu sagen, wann und wo diese Polizisten dann eingesetzt werden. Aber selbstverständlich wird Wien eine Rolle spielen, wenn wir prüfen, wo wir anpassen sollen.

Bringt die Schengen-Erweiterung Österreich Einsparungen oder kostet sie uns Geld?

Platter: Die Schengen-Erweiterung kostet uns nichts. Wir sind darauf vorbereitet, haben das Fahndungssystem schon längst installiert. Wir ersparen uns aber auch kein Geld, weil ich die Sicherheitskräfte auch weiterhin benötige. Wer glaubt, dass wir riesig Personal abbauen können, der irrt.

Der grenznahe Raum wird immer eine große Rolle spielen und immer kontrolliert werden. Das tun wir zwischen Italien und Österreich auch noch, und da ist die Schengen-Erweiterung schon lange in Kraft. Alles, was wir im grenznahen Raum abfangen können, ist ein Vorteil für das Landesinnere.

DER KOORDINATOR

Günther Platter (ÖVP) ist als Innenminister für die Vorbereitungen der Verlegung der Schengen-Außengrenze zuständig. Er koordiniert den weiteren Einsatz der Polizeikräfte im grenznahen Gebiet. Sein Ministerium hat mit den neuen Schengen-Ländern den verstärkten Schutz an der künftigen Außengrenze vorbereitet. [Clemens Fabry]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2007)

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