Neue High-Tech-Kontrolle an EU-Außengrenzen

(c) AP (Daniel Hulshizer)
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Biometrische Daten-Kontrolle: Jeder Einreisende soll künftig registriert werden. Ist sein Visum abgelaufen, wird er EU-weit gesucht. Das High-Tech-Grenzsystem soll erst ab 2012 eingesetzt werden.

Wien/Brüssel(wb, ag.). Nach der Ausweitung des grenzenlosen Schengen-Raums im vergangenen Dezember plant Brüssel nun eine massive technische Aufrüstung zur Kontrolle der Außengrenzen. EU-Innenkommissar Franco Frattini wird kommende Woche ein Grenzkontroll-Paket vorlegen, das nicht weniger als die lückenlose Erfassung jedes einzelnen Einreisenden vorsieht.

Und so soll es funktionieren: Einreisende in den Schengen-Raum werden mit ihren biometrischen Daten in einem zentralen Computer erfasst. Es wird genau festgehalten, wann sie ein- und wann sie ausreisen. Überschreitet eine registrierte Person die erlaubte Aufenthaltsdauer, kann sie EU-weit zur Fahndung ausgeschrieben werden. Das elektronische Einreisesystem soll die bisherigen Visa ersetzen.

Da gleichzeitig geplant ist, auch alle ausreisenden EU-Bürger mit ihren biometischen Daten elektronisch zu erfassen, könnte sich für sie im Gegenzug der Grenzübertritt bei der Rückreise beschleunigen. Sie werden über automatische Schleusen wieder einreisen dürfen. Sobald der Computer beispielsweise ihre Augen gescannt und erkannt hat, öffnet sich für sie wieder das Tor in die EU.

„Wir haben mehr Bewegungsfreiheit für die Bürger im Inneren geschaffen – nun geht es darum, wie man die Außengrenzen mit neuen Technologien besser schützt“, sagte EU-Kommissar Frattini, nachdem er einen Teil seiner Vorschläge bereits bei einem Treffen der EU-Innen- und Justizminister Ende Jänner im slowenischen Brdo präsentiert hatte. Wie es aus der Kommission heißt, soll das neue System verhindern, dass sogenannte „Overstayer“ länger in der EU bleiben als ihnen erlaubt wurde. Derzeit, so heißt es in Brüssel, würden zahlreiche Einreisende ihre erlaubte Aufenthaltszeit überziehen. Mangels lückenloser Kontrolle bei der Ausreise würden viele von ihnen nicht zur Rechenschaft gezogen.

Bis zur völligen Adaptierung aller Grenzstationen und dem Aufbau der Datenbank wird allerdings noch einige Zeit verstreichen. Laut Experten kann das High-Tech-Grenzsystem erst zwischen 2012 bis 2015 eingesetzt werden. Das derzeitige Schengen-Informationssystem SIS kann noch keine biometrischen Daten erfassen. Allerdings wird bereits die zweite Generation zur Vernetzung aller Schengen-Außengrenzen vorbereitet. SIS-II wird beispielsweise auch Fingerabdrücke und digitale Passbilder enthalten.

Riesige Datenmengen

Der Datenspeicher für das voll ausgebaute Grenzkontrollsystem dürfte freilich alle bisherigen Ausbaupläne für den Schengen-Computer sprengen. Denn in der Datenbank müsste schon nach wenigen Monaten des Betriebs Platz für Millionen an Personendaten samt zugeordneter biometrischer Daten sein.

Gleichzeitig mit der neuen Datenerfassung soll auch der Schutz vor illegalen Einwanderern, die etwa über die grüne Grenze oder über den Seeweg einreisen, verstärkt werden. Gedacht ist an ein Satelliten-gestütztes Überwachungssystem, das den Namen „Eurosur“ tragen soll und bereits für die Seegrenze im Süden der Union vorgeschlagen wurde. Das ehrgeizige Ziel ist es, den illegalen Grenzübertritt mit neuer Technologie gänzlich einzudämmen.

Frattini will gemeinsam mit dem technischen Ausbau der Kontrollen auch die Kompetenzen der europäischen Grenzschutzagentur Frontex erweitern. Die Agentur mit Sitz in Warschau hat schon bisher gemeinsame Schutzmaßnahmen an den Außengrenzen koordiniert, war aber zu einem großen Maße von der Mitarbeit der Mitgliedstaaten angewiesen.

AUF EINEN BLICK

Das Grenzschutz-Paket der EU-Kommission sieht die Erfassung aller Ein- und Ausreisenden vor. Ihre biometrischen Daten sollen in einem zentralen Computer gespeichert werden. Außerdem ist eine Stärkung der EU-Grenzschutzagentur Frontex und eine Satelliten-gestützte Überwachung der grünen Grenze und Seegrenze vorgesehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2008)

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