Die beiden Chefverhandler von EU und USA versprechen, Standards werden nicht aufgeweicht.
Wien/Brüssel. Das geplante und viel kritisierte Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA ist „eine von fünf Schlüsselprioritäten“ für die nächste EU-Kommission – so jedenfalls formulierte es EU-Chefverhandler Ignacio Garcia Bercero bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem US-Gegenüber Dan Mullaney am gestrigen Freitagnachmittag.
Beide Seiten betonten, dass die Verhandlungen in dieser Woche gut vorangekommen seien und es „intensive Diskussionen“ u.a. in den Bereichen Pharmazeutika, Chemikalien, Autos und Ingenieurwesen gegeben habe – derweil freilich nur auf technischer Ebene, die die Grundlage für politische Entscheidungen bereiten soll. Allen Kritiken zum Trotz bemühten sich Bercero und Mullaney um Kalmierung in einem besonders heiklen Punkt: Es sei ein „Leitprinzip“, dass nichts entschieden werde, was Standards bei Umweltschutz, Sicherheit sowie Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz mindern werde. Im Gegenteil: Das Abkommen soll „für Konsumenten wie Patienten“ eine Win-win-Situation sein.
Zweifel daran gibt es zur Genüge; und so hat das geplante Abkommen in den vergangenen Wochen für heftige Diskussionen in der Öffentlichkeit gesorgt. Umstritten sind vor allem die Investorenschutzklauseln: Dabei geht es um die Frage, wie Investoren im Ausland geschützt werden – Kritiker befürchten, Konzerne könnten sich vor Sondergerichten hohe Entschädigungen erstreiten. Mullaney versuchte, diesen Vorwurf zu entkräften: Für Investoren müsse es vorhersagbare Sicherheiten geben – doch die Entscheidungen sollten stets im öffentlichen Interesse gefällt werden.
Auch Handelskommissar Karel de Gucht hatte in der vergangenen Woche seine Mühe, das umstrittene Abkommen im EU-Parlament in Straßburg zu verteidigen. „Das Ganze wird auf einen Kulturkampf hochstilisiert, nach dem Motto, die amerikanische Lebensart bedroht unsere europäische.“ Die Kommission teile diese Auffassung nicht. „Auch die USA haben ein Interesse am Schutz der Umwelt, der Arbeitnehmer und Verbraucher. Manchmal ist das Niveau dort höher als bei uns.“ Die Sozialdemokraten hatten trotz der Beruhigungsversuche vonseiten der Kommission gar einen Abbruch der Verhandlungen gefordert. „Doch dazu wird es nicht kommen“, zeigt sich Europaabgeordneter Othmar Karas (ÖVP) überzeugt. Das Parlament habe im Mai 2013 mit klarer Mehrheit der EU-Kommission das Mandat für die Verhandlungen erteilt. Das könne jetzt nicht zurückgenommen werden. Karas appelliert, zuerst das Ergebnis der Gespräche abzuwarten. „Dann hat das Europaparlament sowieso das letzte Wort.“ (ag./red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2014)