„Russland wird alle Konsequenzen spüren“

Jean Asselborn
Jean Asselborn(c) Reuters (Jean-Paul Pelissier)
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Luxemburgs Außenminister Asselborn pocht auf den EU-Plan für Georgien und wünscht sich eine internationale Friedenstruppe.

Die Presse: Die EU fordert den Rückzug russischer Truppen aus Georgien, bevor sie mit Russland über ein Partnerschaftsabkommen verhandelt. Rechnen Sie bis Montag damit, wenn EU-Präsident Sarkozy in Moskau sein wird?
Jean Asselborn: Ich erhoffe es in den nächsten Tagen. Ich rechne damit, dass Russland klar verstanden hat, dass es die EU sehr ernst meint. Dass die EU eine nicht anti-russische Position hat. Die Russen werden das Vertrauen, das Europa in sie setzt, nicht zerstören wollen. In Kern-Georgien ist aber immer noch russisches Militär, was dem Sechs-Punkte-Plan mit der EU widerspricht. Erfolgt kein Rückzug, können die Verhandlungen über ein Abkommen nicht starten. Am Abkommen ist aber nicht nur die EU wegen besserer Energielieferungen, sondern auch Russland interessiert. Wir Europäer sagen: Der Dialog soll aufrecht erhalten bleiben, Konfrontation wäre falsch. Zentral ist, wie groß die Sicherheits-, die Pufferzone in Georgien sein soll, und hier sollen alle Beteiligten eine Lösung finden. Es kann nicht sein, dass in der Pufferzone Georgiens russisches Militär das Sagen hat. Wenn schon Sicherheitskräfte, dann sollen es aus meiner Sicht internationale Sicherheitskräfte sein.


Details über die internationale Präsenz sind aber noch offen, auch die Frage einer EU-Friedenstruppe ist es. Was fordern Sie?
Asselborn: Kommt eine Missionder Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, also eine Präsenz der EU, dann wäre das keine Friedenstruppe. Die Mission wird beobachten, ob die Menschenrechte respektiert werden. Was geschieht mit Flüchtlingen, die ins Land zurückkommen? Wie entwickelt sich die Wirtschaft? Eine Friedenstruppe hingegen könnte nur per UNO-Mandat beschlossen werden, das hätte ich am liebsten. Doch da sieht es sehr, sehr schlecht aus, denn wir bräuchten dafür Einvernehmen über den Sechs-Punkte-Plan in Moskau und New York. Eine solche Mission wäre ideal, wäre sie nicht nur in Kern-Georgien, sondern im ganzen Territorium Georgiens.


Sollte Russland nicht einlenken: Soll es am Ende Sanktionen durch die EU geben?
Asselborn: Das WortSanktionen, das politisch ein sehr starker Ausdruck ist, will ich hierfür nicht banalisieren. Druck auszuüben heißt für mich ganz klar, dass die EU all ihre diplomatischen Waffen einsetzen muss, um zu zeigen, dass Russland die EU braucht, dass die EU Russland braucht. Und es bedeutet, dass man sich in Georgien nicht im Recht fühlen kann, wenn man einen militärischen Konflikt auslöst. Immerhin geht es um Visa-Liberalisierungen und Freihandelsabkommen, die mit der EU möglich sind.

Welche Mittel hätte die EU konkret gegen Russland in der Hand?
Asselborn: Scheitert der Plan, müssen die Russen wissen, dass sehr viel Vertrauenskapital zerschlagen ist. Sie werden alle Konsequenzen spüren. Im Kreml weiß jeder, dass Europa wichtig ist auf der internationalen Bühne. Mehr kann ich nicht sagen. pö

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2008)

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