EU-Ranking: Frauen verdienen ein Viertel weniger

(c) BilderBox (Erwin Wodicka)
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Österreich schneidet mit 25,5 Prozent Einkommens-Unterschied zwischen den Geschlechtern am zweitschlechtesten ab. Am schlechtesten schneidet Estland ab, das sogar auf 30, Prozent kommt.

BRÜSSEL. Die EU stellt Österreich ein schlechtes Zeugnis aus, wenn es um die Chancengleichheit von Männern und Frauen bei den Einkommen geht: Frauen verdienen hierzulande um durchschnittlich 25,5 Prozent weniger. Österreich liegt in der EU damit auf dem zweitletzten Platz vor Estland, das sogar auf einen Einkommensunterschied von 30,3 Prozent kommt. Am besten schneiden Italien mit 4,4 Prozent, Malta mit 5,2 Prozent und Polen mit 7,5 Prozent Differenz zwischen den Einkommen ab. Der EU-Schnitt in den 27 Mitgliedstaaten liegt bei 17,4 Prozent. Das zeigt eine neue Studie der EU-Kommission mit Zahlen aus dem Jahr 2007, die EU-Sozialkommissar Vladimír Spidla am Dienstag in Brüssel vorstellte.

„Es ist nicht tolerierbar, dass Frauen im Schnitt weniger auf dem EU-Arbeitsmarkt verdienen als Männer, obwohl sie dort inzwischen sichtbarer sind“, sagte Spidla, der jetzt eine „Bewusstseinsbildungskampagne“ bei allen Betrieben und Sozialpartnern in Europa starten will. Eingerechnet in die Studie sind Einkommen aus Vollzeit- ebenso wie aus Teilzeitarbeit.

Durchschnittlich gleiche Einkommen gibt es demnach noch nirgendwo in der EU, die Zahlen sind in den Vorjahren aber insgesamt immer besser geworden. Allerdings nicht in Österreich: Das Land ist in den Vorjahren bei abweichenden Berechnungsmethoden um mehrere Plätze zurückgefallen. Von Spidla gab es dafür heftige Kritik: Österreich sei „wirklich sehr schlecht dran“, urteilte er.

Zwar hätten in Österreich besonders viele Frauen Teilzeitposten, die automatisch schlechter entlohnt sind. Aber: Teilzeit sei „nicht die Antwort“ auf die Frage nach den Gründen für den großen Abstand, so der Kommissar. Denn diese sei auch in anderen Ländern, von den Niederlanden bis Schweden, weit verbreitet. Die Ursachen lägen „tiefer in der Gesellschaft“, ist er überzeugt. In Österreich hätten Frauen weniger Chancen auf Posten in gut bezahlten Branchen sowie auf Managerfunktionen. Offenbar habe dies für Frauen in Österreich „härtere Konsequenzen“ bei den Einkommen als anderswo.

Mit den Frauen aus der Krise?

Organisationen und Betriebe in allen Mitgliedstaaten sollten Frauen künftig höhere Einkommen geben, wollen sie sich einen Wettbewerbsvorteil sichern, so Spidla. Denn junge Frauen sind im EU-Schnitt inzwischen besser qualifiziert als Männer, Frauen holen sich heute rund 60 Prozent aller Universitätsabschlüsse. Die internationale Finanzkrise – und damit die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt – sieht Spidla eher als Grund dafür als dagegen, Frauen besser zu bezahlen und zu befördern. Er verwies auf eine französische Studie, wonach Finanzunternehmen mit Frauen in Schlüsselfunktionen die Krise bisher besser bewältigt haben als solche, in denen nur Männer an den Schalthebeln sitzen.

Auch Klein- und Mittelbetriebe mit Frauen an der Spitze seien um ein Zehntel effizienter, ergab eine finnische Studie. Spidlas Schluss daraus: Hochqualifizierte Frauen seien in der Wirtschaft der „Trumpf“. Unternehmer müssten „daraus die Konsequenzen ziehen, wenn sie nicht Idioten sind“.

Die Bundesregierung erklärt die großen Einkommensunterschiede in Österreich traditionell mit der vielen Teilzeitarbeit, die Frauen leisten. 39 Prozent aller erwerbstätigen Frauen arbeiten hier Teilzeit. Von den erwerbstätigen Männern sind es nur vier Prozent, berechnete der Rechnungshof für die Jahre 2006 bis 2007. Insgesamt waren 89 Prozent aller Teilzeitbeschäftigten in Österreich Frauen. Tatsache ist auch, dass Frauen hierzulande überdurchschnittlich in Branchen landen, in denen Niedriglöhne bezahlt werden und Dienstleistungs- oder Hilfstätigkeiten anfallen.

AUF EINEN BLICK

Je höher die Sprossen auf der Karriereleiter, desto seltener sind in Österreich Frauen darauf zu finden: 2007 besetzten sie 31,9 Prozent der Führungsposten in der Wirtschaft, der EU-Schnitt lag mit 32,3 Prozent nur knapp darüber. Die besten Chancen haben gemäß einer EU-Studie Managerinnen in Frankreich (39,2 Prozent).

In der Politik geht der Trend in Österreich nach unten: Derzeit sind 36 Prozent der Regierungsmitglieder weiblich – nach 55 Prozent im Jahr 2005. Der EU-Schnitt stieg zeitgleich von 22 auf 26 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2009)

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