Studie: In der Rezession boomt der Pfusch

(c) EPA (Frank Rumpenhorst)
  • Drucken

In Österreich werden mehr als 700.000 dieses Jahr „Vollzeit“ schwarzarbeiten. In Deutschland wird sogar mit einem Anstieg auf 8,27 Millionen Personen gerechnet.

WIEN/LINZ. Weil es durch die Rezession weniger offizielle Arbeitsplätze gibt, wird in diesem Jahr die Schwarzarbeit europaweit einen deutlichen Anstieg erleben. Das ist das Ergebnis einer Studie des Wirtschaftswissenschaftlers Friedrich Schneider von der Johannes Kepler Universität Linz. „Insgesamt sind die Belastungen in Europa mit Steuern und Sozialabgaben weiterhin hoch“, so Schneider. Deshalb werde der Pfusch gerade jetzt attraktiv. Nun käme nämlich auch ein Mehrangebot durch jene Arbeitnehmer hinzu, die ihren Job verloren haben oder in Kurzarbeit geschickt wurden. Laut seiner Studie wird die Zahl der „Vollzeit-Inlandsschwarzarbeiter“ 2009 in Österreich auf 713.000 Personen steigen. 1995 betrug die Zahl noch 575.000. In Deutschland wird sogar mit einem Anstieg auf 8,27 Millionen Personen gerechnet.

Weniger Steuereinnahmen

Prekär ist freilich, dass gerade in Zeiten wachsender Staatsausgaben die boomende Schattenwirtschaft für eine zusätzliche Reduzierung der Steuereinnahmen und Sozialabgaben sorgt.

Die meiste Schattenwirtschaft gibt es traditionell in den südeuropäischen Ländern Portugal, Spanien, Italien und Griechenland, wo laut Schätzungen der Experten zwischen 19,5 und 25Prozent der Wirtschaftsleistung „schwarz“ erbracht werden (siehe Grafik). In Österreich wird das Ausmaß auf 8,5 Prozent des BIP geschätzt. Das entspricht 20,5 Milliarden Euro. Das Volumen der Schattenwirtschaft wird in der Studie über quantitativ erfassbare Ursachen (z.B. Steuerbelastung, Regulierungsdichte) und Indikatoren wie Bargeldumlauf oder Arbeitszeiten berechnet.

Rund 38 Prozent des Schattenwirtschaftsvolumens entfallen auf das Baugewerbe und das Handwerk, gefolgt von Dienstleistungsbetrieben wie etwa Hotels und Gaststätten (17%). In sonstigen haushaltsnahen Dienstleistungen wie Nachhilfe, Frisör oder Babysitten werden rund 15 Prozent der gesamten Schwarzarbeit erbracht.

Steuerbelastung und die Wirtschaftslage haben wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung von Schattenwirtschaft. So stieg in Österreich die Schwarzarbeit 2004 wegen der hohen Belastungen durch Steuern und Abgaben im Rahmen der einnahmenseitigen Budgetsanierung an. In den Jahren danach war sie angesichts der verbesserten Konjunkturlage und einer 2005 in Kraft getretenen Steuersenkung wieder rückläufig, bevor sie nun wieder einen Boom erlebt.

Der Wirtschaftswissenschaftler Schneider betont im Gespräch mit der „Presse“, dass die unterschiedliche Intensität der Schattenwirtschaft in den untersuchten OECD-Ländern auch mit dem Verhältnis der Bürger zu den Dienstleistungen ihres Staates – und der damit verbundenen Bereitschaft, Steuern zu zahlen – zusammenhänge. Jene Bürger etwa in Portugal, Griechenland oder Italien, deren Zufriedenheit mit den Dienstleistungen ihres Staats eher gering seien, würden eher über dem Weg der Schwarzarbeit Steuern hinterziehen als etwa die Bürger mitteleuropäischer oder skandinavischer Länder.

Eine Umfrage des Market-Instituts vom vergangenen Dezember ergab in Österreich, dass „Pfusch“ von nicht weniger als 41 Prozent der Bevölkerung als „Kavaliersdelikt“ empfunden wird. Jeder Neunte gab an, selbst im letzten Jahr einen „Pfuscher“ beschäftigt zu haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.