Eurogruppe: Griechischer Hilfsantrag "brauchbar"

Greek Prime Minister Tsipras addresses the European Parliament in Strasbourg
Greek Prime Minister Tsipras addresses the European Parliament in StrasbourgREUTERS
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Die Regierung von Alexis Tsipras hat heute einen neuen Hilfsantrag an den Rettungsschirm ESM geschickt. Die Banken bleiben bis einschließlich Montag geschlossen.

Die Eurogruppe könnte schon am Freitag zusammentreten, um über den griechischen Hilfsantrag beim ESM und das griechische Reformprogramm zu beraten. In EU-Ratskreisen hieß es nach einer Telefonkonferenz der Euro-Arbeitsgruppe, es werde sich am  Mittwochabend entscheiden, ob die Eurogruppe Freitag oder Samstag zusammentritt. Der >>> Brief Griechenlands werde als "brauchbar" eingestuft. Allerdings wird vor zu viel Zuversicht gewarnt. Es gebe keine Hilfe ohne Bedingungen, dies bleibe die Haltung der EU, hieß es.

Die griechischen Banken bleiben mindestens bis einschließlich Montag geschlossen. Den entsprechenden Ministerialerlass habe Vize-Finanzministerin Nadja Valavani am Mittwoch unterzeichnet, berichtete das Staatsfernsehen. Zuvor hatte der Rundfunk berichtet, die Banken würden bis inklusive Freitag geschlossen bleiben. Die geltenden Kapitalverkehrskontrollen waren Anfang voriger Woche in Kraft getreten und sollten ursprünglich am Mittwochabend auslaufen. Pro Tag können die Griechen auch weiterhin höchstens 60 Euro von ihren Konten abheben, wie es hieß. Überweisungen ins Ausland sind nur nach einer Genehmigung der Zentralbank und des Finanzministeriums möglich.

Lagarde: Umstrukturierung der Schulden nötig

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, hat erklärt, Griechenland brauche eine Umstrukturierung seiner Schulden. Der IWF bleibe bei Griechenland vollständig eingebunden. Das Land könne vom IWF aber keine Sonderbehandlung erwarten. Der Währungsfonds könne seine Regeln nicht zurechtbiegen, kommentierte Lagarde die "akute Krise" in der Eurozone. "Griechenland ist in einer Situation der akuten Krise, die man ernsthaft und sofort angehen muss." Der IWF sei "voll engagiert", eine Lösung zu finden.

Tsipras: "Spiele mit offenen Karten"

Der Euro-Sondergipfel am Dienstag hat Griechenland ein Ultimatum gestellt. Sollte bis zum EU-Sondergipfel am Sonntag keine Einigung über Eckpunkte eines neuen Hilfsprogrammes erzielt werden, droht Griechenland ein Ausscheiden aus dem Euro.

Das pleitebedrohte Griechenland hat am Mittwoch einen neuen Antrag für Rettungsmilliarden beim Eurorettungsschirm ESM gestellt. "Wir haben heute eine Mitteilung an den ESM vorgelegt", sagte der griechische Premier Alexis Tsipras vor dem EU-Parlament in Straßburg. Ziel eines neuen Hilfsprogramms müsse sein, die Belastungen für die Bevölkerung gerechter zu verteilen. "Arbeitnehmer und Rentner können keine zusätzlichen Lasten akzeptieren", sagte Tsipras. Die bisherigen Programme seien zur Rettung der Banken verwendet worden. "Sie kamen nicht beim Volk an", sagte er. "Mit keiner Reform wurde die Funktionsfähigkeit der Staatsmaschine verbessert."Es gehe nicht nur um Griechenland, es gehe um Europa, meinte der griechische Regierungschef.

Er kündigte für Donnerstag neue Vorschläge zur Überwindung der griechischen Schuldenkrise an: Diese würden gerechte, würdige und angemessene Maßnahmen enthalten. Dass es einen „Geheimplan“ zum Austritt Griechenlands aus der Eurozone geben, wies er zurück.  Würde er dieses Ziel verfolgen, dann hätte er sofort nach dem Referendum eine entsprechende Erklärung abgegeben, sagte er in Straßburg. „Ich spiele mit offenen Karten."

Stürmischer Beifall

Tsipras wurde im Europaparlament mit stürmischem Beifall seiner Anhänger, aber auch mit Protesten empfangen. Einige Parlamentarier hielten Schilder mit der Aufschrift "No" in die Höhe. "Wir befinden uns an einem Scheideweg für Europa", sagte der Chef der griechischen Links-Rechts-Regierung.

Griechenland hat nur noch wenige Tage Zeit, um mit den Europartnern einen Kompromiss im Streit über die Schuldenkrise zu finden. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte einen Sondergipfel aller 28 EU-Mitgliedstaaten für Sonntag an. "Die endgültige Frist endet diese Woche", hatte EU-Ratspräsident Donald Tusk nach einem Eurozonen-Gipfel am Dienstag gesagt. Falls der EU-Sondergipfel am Sonntag keine Lösung bringt, wird in den Brüsseler Institutionen bereits ein "Grexit"-Szenario durchgespielt. "Sonntag wird so oder so ein Schlussstrich gezogen", sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Berlin fordert umfassende Reformzusagen

"Ein griechischer Antrag beim ESM muss umfassende Reformzusagen enthalten, hieß es aus dem deutschen Finanzministerium, das allerdings keine Zahlen zum griechischen Finanzbedarf nennen wollte: "Wenn wir bis Sonntag keine Lösung bekommen, müssten wir gegebenenfalls über Anderes nachdenken."

Laut Merkel erwarten die Europartner, dass Athen bis spätestens Donnerstag vorschlägt, wie genau ein Hilfsprogramm des Euro-Rettungsschirms ESM aussehen könne, wie das Tsipras nun ja auch zugesagt hat. Bisher seien die Voraussetzungen für die Aufnahme von Verhandlungen über ein solches Rettungsprogramm nicht gegeben. Einen von Griechenland verlangten erneuten Schuldenerlass lehnen die Euro-Staaten bisher mehrheitlich ab.

Auf alle Szenarien vorbereitet

Die EU-Kommission ist laut Juncker auf alle Szenarien vorbereitet: "Wir haben ein "Grexit"-Szenario im Detail ausgearbeitet. Wir haben ein Szenario, was die humanitäre Hilfe angeht. Und wir haben ein Szenario - und das ist auch mein Lieblingsplan - mit dem wir dem Problem Herr werden könnten und Griechenland im Euro-Währungsgebiet bleibt." Juncker betonte, er sei gegen ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro. Allerdings müsse Athen dafür Reformen zusagen und umsetzen.

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(APA)

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