EZB: Ist der Euro ein Spaltpilz?

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Laut Experten der Europäischen Zentralbank hat die Einheitswährung die Abstände zwischen den Euro-Mitgliedern nicht verringert.

Frankfurt/Wien. EU-Mitglieder, die den Abstand zur wirtschaftlichen Speerspitze der Union verkleinern wollen, sollten auf keinen Fall der Eurozone beitreten – so lautet das wenig schmeichelhafte Fazit einer Studie der EZB, die am Mittwoch im Fachblatt der Europäischen Zentralbank („ECB Economic Bulletin“, 5/2015, Seiten 30–45) veröffentlicht wurde. Die EZB-Experten haben darin die Performance der ursprünglichen zwölf Mitglieder der Währungsunion, was die Entwicklung des BIPs pro Kopf anbelangt, im Zeitraum 1999 bis 2014 verglichen und kommen zum Schluss, dass seit der Einführung des Euro die Konvergenz zwischen den Mitgliedstaaten de facto zum Erliegen gekommen ist – bzw. den Rückwärtsgang eingelegt hat. So ist beispielsweise Italien, immerhin die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone, seit der Einführung des Euro praktisch nicht mehr vom Fleck gekommen. „Italiens Wirtschaftswachstum lag die meiste Zeit unter dem Durchschnitt der Eurozone“, heißt es in dem Bericht. Begründet wird diese Entwicklung mit mangelhafter Effizienz der italienischen Wirtschaft: Kapital und Arbeitskraft wurden in Italien (sowie in Spanien) nicht so gewinnbringend eingesetzt wie anderswo in der Eurozone, und diese Schwäche betraf nicht nur Dienstleistungen und Bausektor, sondern auch Warenproduktion – und somit den Export.

Neben Italien haben auch die Euro-Pioniere Spanien und Portugal nicht aufgeholt. Und im krisengeschüttelten Griechenland hat sich der Abstand zur Avantgarde der Eurozone in den vergangenen 15 Jahren sogar noch vergrößert – ein Trend, der nicht ausschließlich auf die katastrophale Entwicklung in den vergangenen Jahren zurückzuführen ist. Die EZB-Experten führen dies auf drei Faktoren zurück. Erstens strukturelle Rigiditäten (also mangelhafter Wettbewerb in vielen Branchen), zweitens Schwächen im Verwaltungsapparat und drittens ein durch billiges Geld angefachter Kreditboom, der auf irrigen Annahmen über die zukünftige Einkommenslage basierte. (la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2015)

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