Griechenland-Abstimmung: Murren in der CDU

GERMANY PARLIAMENT GREECE BAILOUT
GERMANY PARLIAMENT GREECE BAILOUTAPA/EPA/WLFGANG KUMM
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Der Deutsche Bundestag stimmt am Mittwoch über Hilfspaket ab. Unmut in der Union wächst.

Berlin. Wie sich die Bilder gleichen: Vergangenen Freitag segnete das griechische Parlament die Reformschritte ab, die als Voraussetzung für das dritte Hilfspaket über 86 Milliarden Euro gelten. Freitagabend gaben die Euro-Finanzminister ihr O.K. Nun muss der Deutsche Bundestag am Mittwoch zustimmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel muss um die Mehrheit nicht fürchten. So wie ihr griechischer Kollege Alexis Tsipras kann sie nämlich mit einer breiten Unterstützung im Parlament rechnen. So wie bei Tsipras sind es eher die eigenen Leute, die die Gefolgschaft verweigern.

Doch während die griechische Regierung endgültig gespalten ist und an Neuwahlen im Herbst wohl kein Weg vorbeiführen wird, geht es in Deutschland eher um ein atmosphärisches Problem in der Union. „Grummeln in der Union wird lauter – aber kein Aufstand gegen Merkel“ titelte die Deutsche Presseagentur.

Schon am 17. Juli stimmten 60 Abgeordnete von CDU und CSU gegen neue Verhandlungen mit Griechenland. Nun geht es am Mittwoch vor allem um die Frage: Ist die Zahl der Abweichler großer oder kleiner geworden?

Die Kritik an weiteren Hilfszahlungen für Griechenland verschaffte sich am Wochenende wieder in Person des prominenten Ökonomen und Präsidenten des deutschen Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, Gehör. Dieser meinte gegenüber der „Bild“: Die Vereinbarungen sind eine schwer verständliche Mischung aus Detailvielfalt und Schwammigkeit bei den Formulierungen.“ Er kritisierte, dass es in Griechenland nur wenige harte Ausgabenkürzungen gebe, „dafür aber viel zu viel Hoffnung, dass der griechische Staat in Zukunft seine Steuern wird eintreiben können, obwohl ihm das in den zurückliegenden Jahren nicht gelungen ist“. Mit dem jüngsten Rettungspaket würden „weitere Mittel der Steuerzahler in ein Fass ohne Boden geschüttet“. Und in Hinblick auf die Abstimmung am Mittwoch sagte Sinn: „Der Bundestag weiß hoffentlich, was er hier abnicken soll.“

„Reformen müssen umgesetzt werden“

Demgegenüber betonte der deutsche Finanzminister, Wolfgang Schäuble (CDU), dass man schon darauf achten werde, dass das griechische Fass diesmal einen Boden hat. „Diese Reformen müssen jetzt Punkt für Punkt umgesetzt werden. Darauf werden wir achten. Jede weitere Hilfe wird davon abhängig sein.“ SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier sparte nicht mit Lob für die Regierung in Athen. „Nach wirklich mühseligen Verhandlungen hat man in Griechenland nun verstanden, dass das Land um echte und einschneidende Reformen nicht herumkommt“, sagte Steinmeier und streute dem griechischen Premier, Alexis Tsipras, Rosen: „Die Verhandlungen wurden professionell und zügig geführt, Herr Tsipras hat gezeigt, dass er bereit ist, sein politisches Schicksal mit der Euromitgliedschaft Griechenlands zu verbinden.“

Siemens-Chef sieht „Transferunion“

Unerwartete Rückendeckung erhielt die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel, am Wochenende hingegen von Siemens-Chef Joe Kaeser. In einem Interview mit der „Passauer Neuen Presse“ sagte der mächtige deutsche Manager, er sei „beeindruckt“ vom Verhandlungsergebnis zwischen Gläubigern und Griechenland. Das Ergebnis halte er „für einen großen Verdienst von Bundeskanzlerin Merkel“. Griechenland habe nämlich „keine reale Chance“, aus eigener Kraft wieder auf die Beine zu kommen, sagte Kaeser. Bei den jüngsten Verhandlungen sei es in Wahrheit um die Frage gegangen, ob Europa es schaffe, „ein Land, das über Jahrzehnte hinweg seine Wettbewerbsfähigkeit verloren hat, weiterhin zu integrieren und damit letztlich den Beginn einer Transferunion zu konstituieren“, betonte der Siemens-Chef. Kaeser verwies darauf, dass Deutschland am meisten von der europäischen Währungsunion und einer gemeinsamen europäischen Politik als Gegengewicht zu den beiden anderen großen Wirtschaftsblöcken, Amerika und Asien, profitiere. „Und wer am meisten profitiert, sollte auch den größten Beitrag leisten.“

Unterdessen steuert Berlin auf eine spannende Debatte im Bundestag zu. Es wird dabei nicht nur um die Glaubwürdigkeit der Reformpläne Griechenlands gehen. Vor allem die Haltung des Internationalen Währungsfonds (IWF) stößt so manchem Unionspolitiker sauer auf. Bei den Gesprächen am Freitag hatte sich IWF-Chefin Christine Lagarde nicht eindeutig in Bezug auf die Frage deklariert, ob sich der IWF am dritten Hilfspaket beteiligen wolle oder nicht. Anders die deutsche Kanzlerin. Merkel zeigte sich am Sonntag überzeugt, dass der IWF bei dritten Griechenland-Hilfspaket an Bord bleibt. „Der IWF hat mitverhandelt, er trägt das“, so Merkel. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2015)

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