Neuwahl in Griechenland: Tsipras tritt zurück

Tsipras leaves his office at Maximos Mansion in Athens
Tsipras leaves his office at Maximos Mansion in AthensREUTERS
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Ministerpräsident Tsipras hat im TV seinen Rücktritt erklärt, um den Weg für eine vorgezogene Parlamentswahl zu ebnen. Der 20.September wurde als Termin bereits bestätigt.

Die Griechen wählen am 20. September ein neues Parlament. Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat in einer live im Fernsehen übertragenen Ansprache seinen Rücktritt erklärt und Neuwahlen angekündigt. Das griechische Volk müsse entscheiden, ob es das Vorgehen seiner Regierung bei den Verhandlungen mit den Gläubigern gutheiße, erklärte Tsipras. Er werde sich erneut zur Wahl stellen.

Das Mandat, dass er mit seinem Wahlsieg am 25. Jänner erhalten habe, habe seine Grenzen erreicht - die Menschen müssten nun aufs Neue entscheiden, sagte Tsipras am Donnerstagabend. Der Rücktritt ist notwendig, weil die Verfassung dies für Neuwahlen voraussetzt.

In einer ersten, optimistischen Reaktion auf die Neuwahlankündigung hat das Büro von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mitgeteilt, der Urnengang "könnte zu einer breiteren Unterstützung für das Programm des Rettungsfonds ESM führen".

Imterimsregierung sehr wahrscheinlich

Der Regierungschef verteidigte auch die Einigung mit den internationalen Gläubigern über ein drittes Hilfspaket: Man habe nicht das Abkommen erzielt, dass man sich gewünscht habe, aber das beste, dass unter gegebenen Bedingungen möglich gewesen sei.

Tsipras will nun dem griechischen Präsidenten Prokopis Pavlopoulos seine Rücktrittserklärung übergeben. Der Präsident muss zuerst mit den anderen großen Parteien sprechen, ob sie eine Regierung bilden können. Dies gilt jedoch angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Parlament als unwahrscheinlich. Nach dem Rücktritt muss bis zu den Neuwahlen eine Interimsregierung das Land führen mit einem der höchsten Richter des Landes an der Spitze.

Der Ministerpräsident verfolgt nach Schätzungen der griechischen Presse zwei Ziele: Demnach will er einerseits mit dem linken Flügel seiner Regierungspartei Syriza abrechnen und andererseits ein frisches Mandat bekommen, bevor die harten Sparmaßnahmen des neuen Sparprogramms in Griechenland greifen. Die Beliebtheit von Tsipras hat unter seinen Landsleuten bislang nicht gelitten. Im Gegenteil, wegen seiner langen harten Haltung gegen neue Sparauflagen hatten ihn bei einer Umfrage Ende Juli über 60 Prozent positiv bewertet.

Keine Vertrauensfrage

Tsipras hatte sich am Donnerstagnachmittag mit engen Vertrauten beraten. Der Weg zu Neuwahlen über eine verlorene Vertrauensfrage im Parlament wurde nach Angaben eines Regierungsvertreters verworfen.

Tsipras hatte vergangenen Freitag bei der Abstimmung über das neue Hilfs- und Sparprogramm des Landes die Regierungsmehrheit verloren. Das Hilfsprogramm konnte nur mit den Stimmen der meisten Oppositionsparteien gebilligt werden. Es gab 44 Abweichler aus den Reihen der Regierungskoalition - alle gehörten dem linken Flügel von Syriza an.

Nach Umfragen weiter stärkste Partei

Das hoch verschuldete Land zahlte  am Donnerstag über 3,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zurück. Alle griechischen Staatsanleihen, die heute fällig werden und im Besitz der EZB und der nationalen Zentralbanken des Eurosystems sind, wurden von Griechenland bezahlt", teilten die Währungshüter mit. Zuvor hatte Griechenland eine erste Kredittranche über 13 Milliarden Euro aus dem neuen Rettungspaket erhalten. Weitere zehn Milliarden Euro für die Rekapitalisierung von Banken wurden auf ein Sperrkonto überwiesen.

Der Umfrage vom Juli zufolge könnte Syriza bei einer Neuwahl auf knapp 34 Prozent der Stimmen hoffen und wäre damit wieder mit Abstand stärkste Kraft, bräuchte aber wohl weiter einen Koalitionspartner. Tsipras könnte auch von der Schwäche der Opposition profitieren.

(APA/Reuters)

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