Großbritannien: UKIP gibt sich bei EU-Austritt siegessicher

Teddy bears are seen for sale at a trade stall on the opening day of the UKIP annual conference  in Doncaster
Teddy bears are seen for sale at a trade stall on the opening day of the UKIP annual conference in Doncaster(c) REUTERS (ANDREW YATES)
  • Drucken

Das Lager der EU-Gegner mobilisiert mit Hinweis auf die Flüchtlingskrise und bekommt immer mehr Zuspruch.

London. Nichts spielt dem Lager der britischen EU-Gegner seit Wochen mehr in die Hände als die allabendlichen Fernsehbilder aus Europa. Nun beeilt man sich, daraus politisches Kleingeld zu machen. Das Versagen in der Flüchtlingskrise sei ein „Beweis dafür, dass Europa die Kontrolle über seine Grenzen verloren hat“, sagte der Chef der rechtspopulistischen United Kingdom Independence Party (UKIP), Nigel Farage, am gestrigen Freitag auf einem Parteitag in Doncaster in Nordengland. „Wir haben recht behalten“, setzte er triumphierend nach. Mit diesem Rückenwind bemüht sich Farage, das Nein-Lager zu mobilisieren. Mit der Dachorganisation leave.eu gebe es eine gemeinsame Plattform, Großbritannien aus der EU zu führen. „Die Chancen auf einen Sieg stehen 50:50. Früher hätte ich uns nicht mehr als 30 Prozent gegeben. Aber nun glaube ich, dass die Volksabstimmung zu gewinnen ist.“

Großbritannien wird bis Ende 2017 in einem Referendum über seinen EU-Verbleib entscheiden. Das Stimmungsbarometer ist in den vergangenen Monaten angesichts der Griechenland- und Flüchtlingskrise eindeutig in Richtung Nein-Lager gekippt, das zuletzt in einer Sonntagsumfrage sogar voran lag. Innerhalb der konservativen Regierungspartei Tories bestimmen EU-Gegner das Geschehen. Die Regierung selbst setzt indes auf stille Diplomatie und will erst öffentlich Position beziehen, wenn die viel beschworenen Neuverhandlungen des Verhältnisses mit der EU abgeschlossen sind. Dabei will sich David Cameron nicht in die Karten schauen lassen. Aber während er schweigt, übernehmen EU-Gegner die Führerschaft. Bei Cameron geht man hingegen davon aus, dass er letztlich für den Verbleib Großbritanniens in der Union sein wird. Sein früherer Wirtschaftsminister, Vince Cable von den Liberaldemokraten, warnte dieser Tage allerdings: „Ich habe fünf Jahre mit Cameron und Osborne (Schatzkanzler George Osborne, Anm.) zusammengearbeitet. Sie wollen eine Vereinbarung, aber auf einer kleinstmöglichen Basis.“

Die Lage für die Befürworter der EU verschärft sich auch dadurch, dass bei den Linken Risse offensichtlich werden. Der neue Chef der Labour Party, Jeremy Corbyn, rückte nur unter massivem Druck von seiner Position ab, „keinesfalls automatisch für den Verbleib in der EU“ stimmen zu wollen. Der Labour-Parteitag kommende Woche wird auch jenen eine Bühne bieten, die in der EU einen „Kapitalistenklub, der Arbeitnehmerrechte mit Füßen tritt“, sehen.

Farage polarisiert stark

In der ersten Volksabstimmung über Europa im Jahr 1970 trat die Labour Party für ein Nein zum Beitritt ein; das Ressentiment wurde nie ganz vergessen. Farage hofft heute, in diesem Revier wildern zu können. Bei der Wahl im Mai gewann UKIP zwar nur ein Mandat. Das starke Abschneiden der Rechtspopulisten kostete Labour aber entscheidende Stimmen. Der Führungsanspruch Farages im Nein-Lager ist momentan einer der wenigen Lichtblicke des Ja-Lagers, denn der UKIP-Führer polarisiert. Sein Mitstreiter Douglas Carswell warnt: „Ein Referendum gewinnt man nicht mit 37 Prozent wie Cameron die Wahl. Für den Sieg bei einer Volksabstimmung braucht man eine breite Koalition.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Europa

EU-Gegner Farage: "Wir wollen unser Land zurück"

Der britische Rechtspopulist schwört seine Landsleute auf einen Austritt aus der Europäischen Union ein.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.