Sommer/Winter: EU-Kommission will Zeitumstellung nicht überprüfen

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Symbolbild APA/HERBERT PFARRHOFER
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Sommer-/Winterzeit. EU-Abgeordnete fordern eine wissenschaftliche Untersuchung über die Vor- und Nachteile der halbjährlichen Zeitumstellung. Doch die zuständige EU-Kommissarin blockt ab.

Straßburg. Jedes halbe Jahr dieselbe Prozedur und dieselbe Frage: „Können wir nun eine Stunde länger oder eine Stunde kürzer schlafen?“ Die halbjährliche Zeitumstellung, die am vergangenen Wochenende erneut durchgeführt wurde, hat wenige Freunde. In Deutschland sind beispielsweise 73 Prozent der Bevölkerung laut einer Forsa-Umfrage gegen die Änderung von Sommer- auf Winterzeit. Dennoch hat sich die EU-Kommission in einer aktuellen Anfragebeantwortung für das Europaparlament erneut geweigert, die Sinnhaftigkeit der Umstellung zu überprüfen. „In ihrer Antwort verweigert die EU-Kommission die Wahrnehmung ihrer politischen Verantwortung, mittels einer umfassenden wissenschaftlichen Untersuchung von sich aus zu beweisen, dass die bestehende Regelung von Sommer- und Winterzeit eindeutig Nutzen aufweist beziehungsweise keine Schäden für Europas Bürger und Wirtschaft verursacht“, kritisierte der ÖVP-Europaabgeordneter Heinz Becker.

Eine vom deutschen EU-Abgeordneten Herbert Reul (CDU) angeführte parteiübergreifende Gruppe von Parlamentariern will aber nicht aufgeben. „Seit Jahren ignorieren die EU-Kommission und Mitgliedstaaten die Bedenken vieler Bürger“, so Reul. Er kündigte am Donnerstag in einer Aussendung an, weiterhin politischen Druck auszuüben. Auch Becker kündigte „parlamentarischen Widerstand“ an. Er verwies auf ein Versprechen der EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker, nach drei bis fünf Jahren alle bestehenden EU-Regelungen auf ihren Sinn und ihre Effizienz zu überprüfen. „Die EU-weite Regelung der Zeitumstellung wurde seit 1981, also in 35 Jahren, niemals überprüft.“

Gesundheitsprobleme

Die Abgeordneten führen mehrere Studien an, wonach die alle halbe Jahre durchgeführte Zeitumstellung zu Müdigkeit, eingeschränkter Konzentrationsfähigkeit, Schlafbeschwerden und weiteren gesundheitlichen Einbußen führt. Die einstige Argumentation, dass die Sommerzeiteinführung den Energieverbrauch reduziere, sei hingegen niemals ausreichend bewiesen worden.

Experten der EU-Kommission hatten bereits im Frühjahr im Rahmen einer Anhörung im Europaparlament die Zeitumstellung verteidigt. Sie führten ins Treffen, dass eine Untersuchung aus dem Jahr 2007 ergeben habe, dass die negativen Auswirkungen auf die Gesundheit gering seien. Allerdings sei auch der Effekt bei der Energieeinsparung gering. (wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2015)

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