Am 13. Jänner berät die EU über mehrere umstrittene Gesetzesänderungen. Im Extremfall droht Polen der Entzug von Stimmrechten.
Nach dem Streit über die Reform des Verfassungsgerichts in Polen droht die EU-Kommission dem Land nun wegen dessen umstrittenen neuen Mediengesetzes mit Konsequenzen. "Es spricht viel dafür, dass wir jetzt den Rechtsstaatsmechanismus aktivieren und Warschau unter Aufsicht stellen", sagte der für Medienpolitik zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Kurz danach bestätigte ein Kommissionssprecher in Brüssel dann auch, dass die EU-Behörde für 13. Jänner eine erste Debatte über die Lage des Rechtsstaates in Polen plane. Die Diskussion ist die Vorstufe zu einem Prüfverfahren, das der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit durch die Mitgliedstaaten dient. Der Konflikt der EU-Kommission mit der neuen rechtskonservativen Regierung in Polen steuert damit auf einen neuen Höhepunkt zu.
Brüssel: Massiver Ärger über Reformen
Die rechtsnationale Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) war aus der Wahl im Oktober 2015 als Sieger hervorgegangen und regiert seit Mitte November mit einer absoluten Mehrheit im Parlament. Die seither beschlossene Reform des Verfassungsgerichts hatte bereits für massive Verärgerung in der EU-Kommission gesorgt, die dagegen rechtsstaatliche Bedenken geltend machte. Mit dem kurz vor Jahresende verabschiedeten Mediengesetz versucht die Regierung nun, die öffentlich-rechtlichen Medien an die kurze Leine zu legen. Personalentscheidungen die Führung der Medien betreffend sollen künftig in den Händen des Finanzministers liegen. Das Gesetz benötigt noch die Unterschrift von Präsident Andrzej Duda.
Vermutlich um ihrer Entlassung zuvorzukommen, traten mittlerweile die Direktoren von vier Programmen des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders TVP zurück, wie die Zeitung "Gazeta Wyborcza" am Samstag berichtete. Die Europäische Rundfunkunion (EBU) appellierte in einem auf ihrer Webseite veröffentlichten Schreiben von Generaldirektorin Ingrid Deltenre an Duda, das Mediengesetz nicht zu unterzeichnen, um die "Integrität und Unabhängigkeit der öffentlichen Medien als Symbol eines freien und demokratischen Landes zu bewahren".
Oettinger sieht Pressefreiheit in Gefahr
Oettinger sieht in Polen Gefahren für die Pressefreiheit, wie er gegenüber der "FAS" weiter erklärte: "Ein Intendant darf nicht ohne Angabe von Gründen entlassen werden. Das wäre Willkür", bemängelte der EU-Kommissar. "Je größer unsere Sorge ist, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Funktion einbüßen könnte, nämlich die Bürger unabhängig zu informieren, desto mehr müssen wir die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden stärken", ergänzte er.
Der von Oettinger angesprochene Rechtsstaatsmechanismus wurde erst 2014 eingeführt. Er sieht einen verstärkten Dialog mit einem Mitgliedsland vor, wenn die EU-Kommission Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit befürchtet. Wenn das Mitglied nicht auf Änderungswünsche der Kommission reagiert, droht ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen europäische Grundwerte. Am Ende könnte der Entzug von Stimmrechten stehen.
(APA/Reuters/dpa/AFP)