Premier Orbán will mögliche Sanktionen torpedieren.
Wien/Brüssel/Budapest. Ungarn stellt sich im Konflikt der EU-Kommission mit der neuen, nationalkonservativen polnischen Regierung demonstrativ auf die Seite Warschaus. Sein Land werde Strafmaßnahmen gegen die Regierung unter Ministerpräsidentin Beata Szydlo mit seinem Veto verhindern, sagte Ministerpräsident Viktor Orbán in einem Interview.
„Die EU sollte nicht darüber nachdenken, irgendeine Art von Sanktionen gegen Polen zu verhängen“, so der nationalkonservative Regierungschef. Dafür sei eine einstimmige Entscheidung nötig, „und Ungarn wird niemals Sanktionen gegen Polen unterstützen“, so Orbán. Allerdings ist laut EU-Vertrag für die Abstimmung über Sanktionen wie den Entzug des Stimmrechts lediglich eine qualifizierte Mehrheit im Rat notwendig. Ungarn allein kann sie also nicht verhindern. Für die Feststellung einer Verfehlung sind vier Fünftel der Stimmen notwendig.
Die Regierung in Warschau steht unter anderem wegen einer Reform des Verfassungsgerichtes international unter Beschuss, die als Schwächung der unabhängigen Justiz gewertet wird. Auch der per Gesetz durchgesetzte stärkere Einfluss der Regierung auf Schlüsselpositionen in den öffentlich-rechtlichen Medien wird kritisiert. Der für Medienpolitik zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger drohte deswegen damit, den sogenannten Rechtsstaatsmechanismus zu aktivieren. Die Kommission wird über das Thema auf ihrer Sitzung am kommenden Mittwoch beraten.
„Kommunikation nicht gut“
Das Außenministerium in Warschau setzt nun aber allem Anschein nach auf eine bessere Verständigung mit Brüssel. „Wir hatten das Gefühl, dass die Kommunikation über Angelegenheiten, die für Polen sehr hohe Priorität haben, seit Längerem nicht die beste war“, sagte Europaminister Konrad Szymanski am Freitag. Für Warschau sei „der Pluralismus der Medien und die Gesetzesherrschaft ein ebenso wichtiges Element der Politik wie für die EU“, versicherte er. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2016)