Verkehr: Riesen-Lkw rollen auf die Alpen zu

(c) AP (Frank Augstein)
  • Drucken

Die Wiener Regierung befürchtet, dass sogenannte Gigaliner zugelassen werden. Verkehrsministerin Bures hat angekündigt, alles zu unternehmen, um das in Österreich zu verhindern. Auch der Nationalrat hat sich zuletzt dagegen ausgesprochen.

WIEN/BRÜSSEL. 25 Meter lang und 60 Tonnen schwer: Solche Monster-Lkw könnten demnächst durch viele oder sogar alle EU-Länder fahren – auch durch Österreich. Denn in Brüssel betreiben Lkw-Hersteller und Frächter derzeit intensives Lobbying für eine Zulassung. Und sie bekommen Unterstützung durch die EU-Kommission, die sich in einem Bericht zuletzt für solche „Gigaliner“ ausgesprochen hat. Dieses Signal kam auch zum Start der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft, die selbst Interesse an einer Zulassung der Riesen-Lkw hat. Denn Schweden ist neben Finnland das einzige EU-Land, in dem sie fahren dürfen. Sympathien für „Gigaliner“ gibt es auch in Dänemark, den Niederlanden und Belgien. Von einem konkreten Gesetzesvorhaben der Kommission wollen EU-Insider zwar nicht sprechen. Dass ausgerechnet die Schweden mit Produzenten wie Scania und Volvo jetzt im Chefsessel des EU-Rats der 27 Länder sitzen, könne aber den Druck erhöhen, dass die 60-Tonner in ganz Europa zugelassen werden.

Straßen müssten umgebaut werden

Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) hat angekündigt, alles zu unternehmen, um das in Österreich zu verhindern. Auch der Nationalrat hat sich zuletzt dagegen ausgesprochen. Doch die Kommission könnte darauf drängen, dass die Mitgliedstaaten künftig nur noch über die Zulassung der Lkw für eigene Frächter entscheiden dürfen. Wenn ein anderes Land eine Zulassung gewährt, sollten sich die betreffenden Lkw überall in der EU bewegen dürfen. Argumentiert wird dies mit Kosteneinsparungen im Transportwesen und mit einer geringeren Umweltbelastung, weil größere, aber weniger Lkw unterwegs wären.

Kritiker der „Gigaliner“ entgegen, dass die Folgekosten einer EU-weiten Zulassung auch für die Umwelt enorm wären. Experten warnen, dass viele Strecken nicht auf ein Gewicht bis zu 60 Tonnen ausgelegt seien. Dies gilt vor allem für den Fahrbahnbelag und Brücken, die verbreitert werden müssten. Auch die Länge der Lkw wäre ein Problem, weil die Kurvenradien, Ausweichstellen, Pannenbuchten und Parkplätze nicht mehr reichen würden.

Derzeit dürfen Lastwagenzüge in Europa höchstens 18 Meter lang und 40 Tonnen schwer sein. Mehr Länge und Gewicht bergen auch Risken für andere Verkehrsteilnehmer, weil zum Beispiel der Überholvorgang und das Bremsen länger dauern. Ein „Gigaliner“ ist etwa so lang wie sechs normale Personenwagen und kann fast so viel wiegen wie eine Boeing 737-300.

Außer Österreich bremsen mehrere, vor allem mitteleuropäische Länder. In Deutschland gibt es Widerstand von der SPD und den Grünen.

LEXIKON

Gigaliner sind extrem große Lkw mit einer Länge bis zu 25,25 Metern und einem erlaubten Gesamtgewicht von 60 Tonnen.
In Finnland und Schweden sind die Fahrzeuge bereits zugelassen. Einige andere EU-Länder überlegen derzeit die Zulassung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.