TTIP: EU und USA reden erstmals über Investorenschutz

A pedestrian walks past a wooden blockade built by Greenpeace activists at the main entrance of a conference centre where negotiators are expected to discuss the 12th Round of the TTIP in Brussels
A pedestrian walks past a wooden blockade built by Greenpeace activists at the main entrance of a conference centre where negotiators are expected to discuss the 12th Round of the TTIP in Brussels(c) REUTERS (FRANCOIS LENOIR)
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Bis Juli soll ein Rohentwurf des Freihandelsabkommens vorliegen.

Brüssel. Zwölfmal haben sich die Verhandlungsteams der EU und der USA bereits getroffen, um an dem transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP zu tüfteln – die zwölfte Runde ging offiziell am gestrigen Freitag zu Ende. Doch im Gegensatz zu den vorangegangenen Treffen soll dieses Mal weitergearbeitet werden: Im Laufe der nächsten zwei Wochen werden Expertengruppen dies- und jenseits des Atlantiks ihre Arbeit fortsetzen, kündigte Ignacio Garcia Bercero, der Chefverhandler der Europäischen Union, gestern Nachmittag an. So soll etwa Anfang kommender Woche ein Kompromissvorschlag zum Zugang für europäische Firmen zur öffentlichen Auftragsvergabe in den USA vorgelegt werden – bisher verpflichten sogenannte „Buy American“-Klauseln die amerikanische öffentliche Hand dazu, Aufträge an US-Unternehmen zu vergeben.

Die Zeit für einen erfolgreichen Abschluss des Abkommens wird immer knapper, denn die Erfolge von Donald Trump und Bernie Sanders bei den Vorwahlen in den USA legen nahe, dass vielen US-Bürgern der Appetit auf Freihandel vergangen ist. Auch in Europa protestieren Protektionisten von links und rechts immer lauter gegen TTIP. Bercero und sein US-Kollege Dan Mullaney haben sich darauf verständigt, bis Juli noch mindestens zwei Verhandlungsrunden abzuhalten. Das Ziel: Noch vor der Sommerpause sollen die diversen sektoralen Vorschläge und Gegenvorschläge zu einem konsolidierten Text zusammengefasst werden, dessen endgültige Form – so die Hoffnung – bis Jahresende ausverhandelt werden kann.

Heißes Eisen Investorenschutz

Mit dem Kapitel Investorenschutz lag diesmal ein besonders heißes Eisen auf dem Verhandlungstisch – es geht um die Frage, ob bzw. in welcher Form US-Investoren gegen europäische Staaten rechtlich vorgehen dürfen (und vice versa). Nachdem die bisherige Praxis, derartige Streitfälle über den Umweg privater Schiedsgerichte zu klären, in Deutschland und Österreich heftig kritisiert wurde, schlug die Brüsseler Behörde die Schaffung eines transparenten Investitionsgerichts vor. Dieser europäische Vorschlag wurde das erste Mal von den US-Verhandlern begutachtet, eine Stellungnahme dazu ließ sich Mullaney allerdings nicht entlocken. Nur so viel: „Wir können viele der europäischen Bedenken nachvollziehen.“

Kommissarin ausgebuht

Die Kritik an TTIP ist hierzulande bekanntlich besonders groß – ein Grund, warum EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström Anfang der Woche in Wien erneut Werbung für den Pakt machte. Mit mäßigem Erfolg: Bei einer Veranstaltung der Arbeiterkammer wurde die Kommissarin am Ende gar ausgebuht, als sie die Behauptung aufstellte, die Mehrheit der europäischen Bevölkerung befürworte das Abkommen. Doch auch inhaltlich konnte Malmström ihre Kritiker nicht überzeugen: Neben den Sonderklagsrechten für Konzerne zählen die Gefahr einer Verschlechterung europäischer Standards im Lebensmittel-, Umwelt- oder Sozialbereich sowie die mangelnde Transparenz bei den Verhandlungen nach wie vor zu den wichtigsten Argumenten der TTIP-Gegner.

Im Licht dieser Stimmungslage dürfte das geplante Abkommen nun auch den anstehenden Bundespräsidentenwahlkampf befeuern: Das Staatsoberhaupt hat nämlich laut Verfassungsjurist Heinz Mayer ein Letztentscheidungsrecht bei derartigen Verträgen. Die NGO Greenpeace forderte deshalb bereits alle aussichtsreichen Kandidaten auf, ihre „demokratiepolitische Verantwortung wahrzunehmen“ und öffentlich zu deklarieren, ob sie „von ihrem Veto Gebrauch machen würden.“ (aga/la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2016)

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